Rückzug aus der Öffentlichkeit
Spätestens seit die österreichische Autorin Elfriede Jelinek öffentlich auf die Nazi-Propaganda-Vergangenheit der Wiener Burgtheater-Säulenheiligen Paula Wessely und Attila Hörbiger aufmerksam gemacht hat, auf deren Mitwirkung im Nazi-Giftschrankfilm „Heimkehr“, galt sie in Österreich als Nestbeschmutzerin, als Skandalschriftstellerin, was dem Geschäft bestimmt nicht geschadet hat.
Nach dem Erhalt des Nobelpreises für Literatur 2004 ist ihr allerdings die dreckige Gegenreaktion aus Teilen der Öffentlichkeit zu viel geworden und sie hat sich entschieden, sich vollkommen zurückzuziehen, aber selbstverständlich weiterzuschreiben, wenn ich diesen Film von Claudia Müller richtig verstanden habe.
So ist diese Dokumentation in der Art eines collagenhaften Essayfilmes, der der Autorin ein Kränzchen windet, sehr genießbar und auch informativ, eine Art posthumer Rückblick über die Zeit der Skandalautorin, der faktisch 2004 endet.
Es scheinen sämtliche Interviews und Selbstäußerungen der Autorin aus dieser Ära zu stammen. Ihr Literaturtrieb hat starke Wurzeln. Jüdischer Vater, strenge Mutter, die die Tochter dazu brachte, Lügengeschichten zu erfinden, um die Mutter zufriedenzustellen, sie selbst wurde in erzkatholische Erziehungsinstitutionen geschickt.
Viele Verwandte, die in den KZs landeten, schärften ihr geschichtliches Bewusstsein und das für die Verdrängung der Historie, für die Schweigemauer in Österreich. In Kurt Waldheim oder Jörg Haider hatte sie dankbare Zielobjekte. Auch notierte sie sensibel feministische Themen, in zum Teil provokanter Sprache. Massiv, massiver als die Figur der Autorin, wirken die Ausschnitte von Aufführungen ihrer Stücke am Burgtheater, weil da oft chorisch und expressiv von Darstellergruppen gesprochen wird.
Ein Film über die Jelinek bis 2004. Der Abspann mit einer Liste der seither erschienen Werke macht klar, dass sie ununterbrochen weiterschreibt.