Three Thousand Years of Longing

Überraschung für eine Forscherin

Die selbstbewusst-selbständige, britische Professorin für Storytelling (Geschichten machen erst den Menschen aus; Geschichten über Geschichten) Alithea Binnie (Tilda Swinton) ersteht anlässlich einer Gastvorlesung in Istanbul auf dem Souks ein Fläschchen mit Glasverschluss. Sie wird mit dem Gegenstand ihrer Forschung konfrontiert werden, mit einem leibhaftigen Transmitter (Konflikt: Wahrheit oder Verrücktheit), einem Dschinn.

Im Hotelzimmer entsteigt dem Fläschchen der Geist (Idris Elba als der Dschinn). Den hat sie nun an der Backe, selbst auf der Rückreise und auch durch die Sicherheitskontrollen am Flughafen. Dieser jammert ihr die Hucke voll mit seinem schweren Schicksal und dass er dann wieder jahrhundertelang irgendwo auf dem Meeresboden versenkt bleibe, bis er wieder gehoben wird und neu, was genau?, Opfer, Frauen oder was auch immer findet, denen er drei Wünsche erfüllen wird, ein schwieriges Unterfangen, denn Wünsche, die das Wunschsystem außer Gefecht setzen, sind nicht erlaubt, die nach dem ewigen Leben ebensowenig.

An sich eine neckische Idee, eine voll vertrocknete Wissenschaftlerin, sie wirkt richtig frigid in der Darstellung von Tilda Swinton, mit so einem viel größeren, kräftigen, erotischen Mannsbild in einem sterilen Hotelzimmer und beide in sterilen weißen Hotel-Bademänteln zusammenzubringen. Die Forscherin und ihr Gegenstand, wobei just dieses Thema hinter den Schilderungen des Dschinn zurückbleiben muss.

Das Fleischlich-Erotisch-Orientalische sind die Stories des Djinn, wie Märchen aus Tausend und einer Nacht mit viel Kostümfez, feinen Kissen und Teppichen, höfischen Anordnungen, Turbanen und langen Gewändern und Frauen, an denen Rubens seine helle Freude gehabt hätte und Meuchelmorde ebenso.

Andererseits wirkt es bizarr, wie George Miller, der mit Augusta Gore auch das Drehbuch geschrieben hat nach einer Kurzgeschichte von A. S. Byatt, eine Liebesgeschichte ohne jede Chemie zwischen den zwei Darstellern erzählt, um so mehr, als Miller als Regisseur elegant mit kurzen, oft überraschenden Schnitten und Close-Ups arbeitet, was eitel wirken könnte oder dem Genre der Fantasy geschuldet ist, unter welchem der Film am ehesten subsumiert werden könnte.

Die Kurzgeschichte dürfte vor allem diejenige zwischen der Professorin und dem Flaschengeist sein, sie ist durch das anonyme Hotelzimmer der eigentliche Stimmungskiller, und die großen Extempores, die aus dem Kurzfilm einen Langfilm machen, das sind die opulenten Schilderungen der Erlebnisse des Flaschengeistes in der Art eines Decamerons oder der Geschichten von Shereazade (auf diese verweist ein Reklame-Schriftzug an einer Hauswand in Istanbul), die vermutlich mehr Reiz entwickeln würden, wenn sie im Rahmen des Hotelzimmers vom Dschinn lediglich geschildert würden – und so die Fantasie des Zuschauers ganz anders anregten.

Ein Gedanke zu „Three Thousand Years of Longing“

  1. Danke für das Review von „Three thousand years of longing“. Dieser Artikel ist wirklich spannend und lesenswert. Ich lese gerne Artikel über Filme und habe aus diesem Grund diesen Artikel gelesen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert