Doris Dörrie: die Regisseurin der großen Kackwurst im Pool.
Viel kreative wie drehbuchprofessorale Energie dürfte Doris Dörrie in Erfindung, Entwicklung, Herstellung und Inszenierung der großen Kackwurst, die plötzlich im Schwimmbecken des Frauenbades schaukelt, investiert haben. Nicht viel anders dürfte es sich bei Erfindung, Entwicklung, Herstellung und Inszenierung eines Verfahrens zur Ermittlung von Schwimmbecken-Pinklerinnen handeln. Themen, die die Zeit bewegen, Frau Dörrie am Puls der Zeit.
Und dann doch nicht ganz sich selber
„Sei Du selber“ ist die Moral, die Doris Dörrie ihrem amüsanten Frauenwimmelbild im Freibad als Deckel drüber stülpt und damit wirkt, als sei sie nicht mehr sich selbst, sie, die Caféhausliteratin, die sich gerne auch mal im Rom im Café ablichten lässt, die unvoreingenommen und genau die Menschen beobachten kann (was zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für ein spannendes Drehbuch ist). Denn genau das passt nicht zu ihrem Typ, den sie auch öffentlich darstellt, beobachtend und nicht moralinisch zu sein; während sie hier wie ein alte Tante wirkt, die noch alles erklären und beschönigen muss; damit dürfte sie nicht mehr sich selbst sein, damit hat sie vielleicht einen Kotau gemacht in vorauseilendem Glauben, die filmfördernden Anstalten würden so etwas wollen mögen.
Bei den Frauen menschelts.
Bei den Frauen im Freibad nur für Frauen, da menschelt es gewaltig. Und es ist nicht mal schmeichelhaft zu nennen, was Frau Dörrie für ein Frauenbild zeichnet, weit entfernt von Schönmalerei.
Sie zanken sich, sie beobachten sich missgünstig, sie leiden unter den frauentypischen Dingen, am Altwerden, an der Menopause.
Aber im Schwimmbad verkehren auch unterschiedlichste Musliminnen mit den unterschiedlichsten Auffassungen von Schwimmkultur und die schon gar keine Schweinswürste essen mögen. Worauf der junge hübsche Mann, der etwas Transenhaftes hat, Lammwürste anbietet.
Die Frauen, sie klauen, sie erhaschen sich einen Geldvorteil, wenn eine Gruppe schweizflüchtiger Muslima (weil dort Schleierverbot herrscht) aufmarschiert und erhöhen den Eintrittspreis gleich um das Zehnfache.
Zudem das Thema „Tempel geschlossen“, das Alter der Unfruchtbarkeit. Zum großen Thema wird am Schluss das Pipimachen ins Schwimmbad und dessen Nachweis.
Vielleicht orientiert an den Muppets sind die zwei alten Damen Gabi und die Uschi Obermeir von Giesing, die ihre Kommentare über die anderen Frauen ungebremst ablästern.
Nur darin sind sich alle Frauen gleich, dass sie hin und weg sind, wie plötzlich ein Adonis von Muskelmann Bademeister wird.
Doris Dörrie hat einen bunten Schwarm unterschiedlicher Frauentypen gecastet, gibt ihnen teils Dialektcouleur, lässt Gegensätze aufeinander prallen, die Dicke und die im Ganzukörperbadeanzug, lässt eine Kackwurst im Wasser schwimmen, einen Buben in den Busch pinkeln; Dörrie schreckt nicht vor den einfachen, ordinären Dingen im Frauenleben zurück. Es ist keine Etepete-Gesellschaft, die sich in diesem Freibad, dem letzten seiner Art in Deutschland, wenn man dem Vorspann glauben darf, aufhält.
Schade, dass sich Dörrie bemüßigt fühlt, nach diesem größeren, amüsanten Wimmelbildteil des Filmes, noch erklären zu müssen, noch private Einblicke in das Leben ihrer Protagonisten zuhause zu werfen und dann mit einem Geworge, die Geschichte, die gar keine richtigen Geschichten sind, noch zu einem moralisch einwandfreien und glücklichen Ende zurechtzubiegen. Da ist Dörrie nicht mehr sich selbst. Schade um diesen ansonsten ironisch klaren Blick auf diese Weiberwelten, die alles andere als solidarisch sind, aber immerhin als Gute-Laune-Film verbraten werden können.