Ernsthaft?
Die ersten Minuten dieses Filmes von Cédric Klapisch, der mit Santiago Amigorena auch das Drehbuch geschrieben hat, bewegen sich ganz ohne Gänsefüßchen hinter der Bühne eines großen Opernhauses, Ballettmädchen im weißen Tutu machen auf der Bühne und auf den Nebenbühnen ihre Warm-Up-Übungen. Es ist klar, die Vorstellung wird gleich beginnen.
Jemand guckt durch den Vorhang ins Publikum. Ein Tänzer ist im Kostüm einer orientalischen Figur. Die Primaballerina erhält besondere Aufmerksamkeit. Es ist Elise (Marion Barbeau), die den männlichen Darsteller inniglich umarmt. Dann begibt sie sich von der Hauptbühne zu den Hinterräumen. Kurz vor ihrem Auftritt beobachtet sie, wie eine andere Tänzerin ihren Freund abschleppt hinter die Kulissen.
Das wird sehr deutlich geschildert, so dass eigentlich bereits klar ist, dass wohl ein Fehlsprung bei ihrem Soloauftritt passieren wird. Die Ballettaufführung beginnt und man fragt, ist das jetzt der Ernst von Cédric Klapisch, so eine verstaubte Ballettaufführung in seinen Film zu nehmen, langweiliger und steifer geht nicht bei aller Perfektion der Tänzer?
Nach einigen Minuten Spitzentanz der Ballerina passiert der Fehlsprung. Später wird erklärt, dass das psychologische Ursachen haben kann, aber ihr Sprunggelenk hat schon Verletzungen hinter sich, eine nicht ganz ausgeheilt; die Zukunftsaussichten für die Tänzerin sind grau in grau, denn die Verletzung wird nicht so schnell heilen.
Heil bringt der Handlungsstrang, der konstruktivistisch vorbereitet ist. Auf dramaturgisch erfundenen Wegen landet Elise in der Bretagne in einem modernen Tagungszentrum. Hier findet ein Workshop in modernem Tanz von Hofesh Shechter as himself, realiter ein Tanzchoreograph, statt.
Erst schält und schnippelt die Ex-Ballerina Obst und Gemüse in der Küche, kann aber immer dem Tanz der energetischen Gruppe zuschauen. Das missing Link ist die Tanzübung der toten Frau. Die Frauen müssen sich tot stellen und die Männer ziehen die Leiche auf dem Boden herum. Ein Tänzer probiert das allein mit einem Stuhl. Die Tagungsstättenleiterin (Muriel Robin) hat Angst um das Möbelstück und schickt Elise als Partnerin, die glaubt, nie wieder tanzen zu können.
Es wird zum Gegtenteil, aus der toten Frau wird wieder eine Tänzerin! Es ist die Tür zur Heilsgeschichte für Elise, die so mit Hofesh in Kontakt kommt, Hofesh der Heilsbringer, der nicht dem Perfektionismus des klassischen Ballettes frönt, sondern seine Gruppe in wilden Konvulsionen über die Bühne jagt. Er fragt Elise, ob sie bei seiner Compagnie in Paris mittanzen will.
Um diese zentrale Geschichte herum, die wie eine Werbeveranstaltung für die Hofesh-Compagnie wirkt, gibt es noch anskizzierte Liebesbeziehungen, eine Vater-Tochter-Geschichte, nicht mehr als zu Faden geschlagen. So köchelt der Film, immerhin nicht unsympathisch, in der Sauce der Hofeshschen Tanzbegeisterung.