Alle reden übers Wetter (Fünf Seen Filmfestival)

Das deutsche Akademikertum,

das redet natürlich nicht über das Wetter, das verändert die Welt, das schlägt sich rum mit dem Hegelschen Freiheitsbegriff, das analysiert in einem Glücksseminar anhand eines Bildes von Roy Lichtenstein den Emanuzipationsstatus der Frau; die das tut ist Doktorandin Clara (Anne Schäfer). Selber hat sie ein Verhältnis mit ihrem Assistenten Max (Marcel Kohler). Aber man trifft sich diskret nur im Hotel. Hier hat der Mann mehr Mühe mit diesem Glücksmodell. Die Doktorandin scheinbar nicht. Sie ist immer sehr beschäftigt, soll noch einen Artikel für einen Sammelband für ihre Professorin Margot (Judith Hofmann) schreiben; deren sympathische Fassade bleibt genau so lange aufrecht erhalten, bis es zur Begegnung mit Hanna (Sandra Hüller) kommt, einer ehemaligen Studentin von ihr, der sie wohl das Leben zur Hölle gemacht hat, an die sie sich aber nicht erinnern kann.

Solche Auftritte, ganz kurz nur, wie der von Sandra Hüller, das sind die Rosinen in diesem Film, der kein typisch deutscher, subventionierter Themenfilm ist, sondern der die Menschen, ihr Umfeld, ihre Reaktionen beobachtet; der den Menschen vor allem Zeit für inneren Monolog lässt und sie allein dadurch schon interessant macht.

Überhaupt ist das Glücksmodell der Glücksdozentin mehr als diffus. Sie hat eine praktisch erwachsene Tochter, Emma (Emma Frieda Brüggler), die lebt bei ihrem Vater. Sie war wohl das Resultat einer kurzen Begegnung anlässlich einer USA-Reise.

Der Film verfolgt die akademischen Ränke-, Winkel- und Gefühlszüge nicht weiter. Er macht einen Schwenk, der zeigt, dass der Hintergrund solchen Akademikertums nicht zwingend genealogisch bestimmt ist.

Clara behauptet zwar, Diplomatentochter zu sein, um auch so in ihrem Milieu mithalten zu können. Der Film zeigt einen anderen Hintergrund auf. Er schickt Clara mit ihrer Tochter Emma auf eine Reise zu Emmas Mutter, die im Osten Deutschlands auf dem Land wohnt. Auch hier hält der Film seine herausragende Qualität der genauen Beobachtung der Menschen und des Milieus aufrecht.

Es ergibt sich eine Dorfschilderung wie im schönsten Heimatfilm. Im Dorf zurückgeblieben ist auch Marcel (Max Riemelt), der mit 39 sich einen Ansatz von Midlife-Crisis erlaubt; die Frage, ob es hier jetzt immer so weitergeht. Und da taucht die abtrünnige Akademikerin auf, die nicht nur zum Thema Glück forscht – sozialontologische Studien -, sondern es auch gerne ausprobiert.

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