Erzählen über das Atmosphärische
Später erklärt sich’s, warum die ersten Szenen dieses Filmes von Sebastian Ko, der mit und nach einer Idee von Karin Kati auch das Drehbuch geschrieben hat, den Eindruck eines tv-orientierten deutschen Themenfilmes machen, der es nicht werden wird.
Hier werden delikate menschliche Verhältnisse über das Atmosphärische erzählt, das mit Infos so sparsam umgeht, wie der Heuhaufen mit der berühmten Nadel.
Ewig lang geht Marta (Susanne Wolff) mit ihrem Buben Nathan (Elia Gezer) durch die endlosen Gänge eines leeren Baumarktes. Bub ist erst lustig, will dies kaufen, jenes. Aber Mama sucht einen Siphon, telefoniert mit ihrem Mann Roland zuhause (der holzschnittartige Ulrich Matthes), ob Röhre oder Flasche.
Nein, es wird nicht mit solchen Haushaltsdetails weitergemacht. Hier geht es darum, dass Sohn Nathan plötzlich verschwunden ist und Mama ihn ewig sucht, mit wachsender Verzweiflung. Ein junger Mann hat ihn aufgegabelt und bringt ihn zurück.
Später wird der junge Mann im Backsteinhaus, das aussieht wie ein altes Bahnhofsgebäude, in dem Marta und Roland wohnen, die Renovation des Bades in Angriff nehmen. Es ist Valmir (Florist Bajgora, ein filmaffiner Typ), der nach weiteren Nachfragen aus Albanien kommt. Er soll bei den Intellektuellen in ihrem wohnlichen Haus schwarz arbeiten und marode Leitungen austauschen. Irgendwann zieht er ins Gartenhaus.
Es soll hier nichts verraten werden, was der Film nach und nach preis gibt, wie er die Beziehung unter den vier Menschen immer näher unter die Lupe nimmt und immer neue Erkenntnisse gewinnt, wie er Drama aufbaut, das sich ganz schön zuspitzt gegen Ende. Wie der Film mit diesem bewussten Zurückhalten von Info Spannung und Interesse erzeugt, wie er den Zuschauer in die Dynamik dieser auf den Seziertiesch gelegten, vorerst so intakt erscheinenden, Verhältnisse hineinzieht.
Auch ein Film über deutsches Akademikertum – und dessen Verhältnis zur Zuwanderung – sie ist Ärztin, er ist ein Autor.