Mein Job – Dein Job: Tierpfleger – Südafrika (BR, Montag, 11. Juli 2022, 20.15 Uhr)

Glücks(Heile-Welt-)Format

Alles hat sich hier – verantwortlich als Redakteur Matthias Luginger, Leitung: Ingmar Grundmann – nach dem Format zu richten. Es ist die Kopie oder das Imitat des Formats EXTREME JOB SWAP der Banijay Group. Dieses Format soll vor allem Glücksgefühle transportieren. Es ist eitel und erinnert den Zuschauer ständig an sich, indem bei jedem Ortswechsel der Verzopferzählung das Format-Signet dazwischen geschnitten wird, aufdringlich und ohne jeden narrativen Mehrwert – reine Propaganda.

Die Idee an sich ist ja nicht übel, Berufsleute aus einem Land für eine Zeit in einem anderen Land arbeiten zu lassen und vice versa. Sich umsehen schult, andere Länder andere Sitten kennenzulernen, ebenfalls, erweitert den Horizont; kann Abenteuer sein.

Allerdings geht es hier nicht mehr um den Austausch. Es geht, das bestätigt auch die Dauer-Süßmusik, einzig und allein darum, ein glückliche Geschichte zu erzählen; egal, wie dieses Glück gegen die Realität zurechtgebogen wird.

Das fängt mit der Auswahl der Protagonisten an. Es müssen junge Leute sein, Sympathieträger und in einem nicht schmutzigen Beruf, der eher ein Traumberuf ist. Hier sind es Tierpfleger aus Niederbayern und aus Südafrika.

Die Protagonisten müssen ihren Optimismus, ihre Abenteuerlust, ihre Glücksgefühle ausdrücken können, sie müssen leicht zu begeistern sein, sie sollen möglichst oft etwas toll finden und sicher auch mal einen Fehler machen. Es geht nicht um Inklusion.

Dass die afrikanischen Pinguinschützer in Niederbayern grad alles Stroh mit den Pferdeäpfeln aus dem Stall entfernen, dürfte eher auf fehlende Anleitung zurückzuführen sein. Auch das scheint insofern ein inszenierter Fehler.

Nebst dem ständigen Musikgedudel will sich das Format mit pausenloser Zutexterei, original und sterilem Voice-Over, dem kritischen Zugriff entziehen, sich unangreifbar machen, wie ein Pinguin, der sich gegen Zwangsfütterung wehrt.

Das Format muss sich rechnen. Der Austausch dauert genau eine Woche. Für eine ernsthafte Austausch-Erfahrung ist das zu wenig. Das reicht gerade für einen Abenteuerurlaub. Auch insofern wird sie als sinnvolle Erfahrungsidee nicht ernst genommen.

Die Zeiten sind hart, die Inflation schafft immer mehr Leuten Probleme, die Rundfunkhaushaltgebühr aufzubringen. In solchen Zeiten lassen sich bei einem unfair zu Lasten einkommensschwacher Haushalte finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk solche Glücks-Schnulzen-Sendungen mit Zulutänzern als Zugabe in keiner Weise rechtfertigen.

Solche Fernsehformate dienen einzig und allein dazu, mit der Schilderung einer nach Strich und Faden geschönten Realität Gelder aus dem enormen Topf öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten abzuschöpfen. Solche Formate sind insofern vollumfänglich verzichtbar.

Man fliegt nicht eben einfach mal nach Südafrika; solche Austauschprogramme, wenn es sie denn gibt, setzen Verfahren, Bewerbungen, Vorbereitungen voraus. Während das Format die Illusion erzeugt, es gehe ganz ohne und den Teil der Vorbereitungen, den die Produzenten übernehmen, schlicht verschweigt. Das hat mit dem demokratischen Grundauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes so gar nichts mehr zu tun. Demokratie sollte schon der Realität ins Auge blicken und nicht sie als eine Märchenwelt darstellen. Dieses TV-Format liegt näher an der Propagandaveranstaltung eines totalitären Staates als am Grundauftrag eines öffentlich-rechtlichen Senders, der der Demokratie verpflichtet ist.

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