Trümmermädchen – Die Geschichte der Charlotte Schumann

Frauengeheimbund –
Kino als theatrale Installation

ist vielleicht ein Trend im aktuellen deutschen Kino, wie schon in The Case You oder wie Schattenstunde, bei letzterem handelt es sich auch um eine Naziaufarbeitung.

Hier im Film von Oliver Kracht geht es um die Schauspielerin Gloria (Valery Tscheplanowa), die ein Star bei den Nazis war und in der Nachkriegszeit nicht mehr besetzbar. Zur Zeit der Trümmerfrauen erfindet sie einen Frauengeheimbund, in welchem es um die sexuelle Befreiung der Frau geht, um die Macht der Frau.

Die Titelfigur Charlotte Schumann (Laura Balzer) ist Trümmerfrau, von Ludwig (Henning Flüsloh) geschwängert, der eine Abtreibung möchte. Charlotte ist in finanziellen Nöten, möchte aber Glorias Kurs besuchen und auch Schauspielerin werden. Gloria ist hart, ohne Geld kein Kurs; Charlotte, die privat stottert, kann sich das mit Putzen bei Gloria verdienen.

Der Film ist wohl eine Abschlussarbeit der Filmakademie Baden-Württemberg. Und so wird diese Story natürlich nicht so leicht identifizierbar erzählt. Es geht dem Akademie-Absolventen vor allem darum, Stil- und Gestaltungswillen zu zeigen, mit bescheidenem Budget groß aufzutrumpfen. Dafür sind Studio- oder Theaterräume günstig, ist es von Vorteil und spart viel Ausstattung, wenn das Scheinwerferlicht direkt auf die Darsteller fällt, eventuell noch von hinten angeleuchtet und der Rest des Raumes mit wenigen Gegenständen angedeutet und sonst im Dunkeln.

Oliver Kracht trumpft – vor allem anfangs – auch mächtig auf mit schnellen Schnitten mit einem von den Schauspielern geforderten forcierten Sprechtempo, so dass die Texte oft schwer bis nicht verständlich rüberkommen, mit animierten Zwischentiteln, mit einem Intermezzo, mit einem Wechsel von Schwarz-Weiß zu Farbe, mit dem Einflechten von dokumentarischem Material, mit dem Einbau von filmreflektorischen Texten und einem Casting für eine weibliche Hauptrolle, vor allem mit jeder Menge Textfragmenten zur Emanzipation der Frau, die Macht haben will, die sich von der Unterordnung unter die Männer befreien will.

Der Regisseur zeigt enorm viel Stilwillen, so viel, dass die Schauspieler diesem untergeordnet werden, dass kein Raum für ‚private moments‘ bleibt, für die perzeptive Seite der Figuren, hier muss fortlaufend Text reproduziert werden. Das macht unpersönlich, plakativ.

Die Frauen sollen auch üben, die Wahrheit direkt herauszusagen, was wiederum Geheimnis nimmt. Die Stunden bei Gloria beginnen mit dem Verteilen von merkwürdigen Requisiten an die 5 Kursteilnehmerinnen, eines davon ist ein Dildo.

Themen der Emanzipationsstunden sind Lust („Wer die Lust beherrscht, beherrscht den Mann“), Schwangerschaft, Kind, Abtreibung, Frauenpower („Mösen an die Macht“), Verrat, randständig auch die Liebe, Erpressung, Masturbation und auch das Anfassen eines echten männlichen Gliedes.

Es ist ein Thesenfragment-Kino, ein Collagen-Kino aus theatralen Szenen zu einem umfassenden Thema mit faktischer Ausblendung von Einzelschicksalen und insofern weitgehender Absenz des Storytellings.

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