The Case You

Macht, Sex und Schauspielererfolg

Über diesen Zusammenhang hat Midi Z. aus Taiwan einen wahren Horrorfilm entwickelt, der austestet, wozu eine Schauspielerin bereit sein muss, um eine Hauptrolle zu ergattern: hier muss sie den ganzen Körper liefern.

Es ist das aktuelle Me-Too-Thema, zuletzt in den Lebenslinien über Sabine Sauer beim BR und wie ein Redakteur selbstverständlich davon ausging, dass er auch privat was von karrierehungrigen Damen abbekommen kann.

Von einem Sonderfall, der schätzungsweise Mitte der Zehner Jahre dieses Jahrhunderts passiert sein soll, handelt dieser dokumentarische Film von Alison Kuhn.

Im Theatersaal der Filmuniversität Babelsberg, unter deren Logo der Film auch produziert wurde, versammelt sie 5 jüngere Schauspielerinnen, die alle als Opfer verhindern möchten, dass ein Film, der Castingmaterial mit ihnen verwertet, gezeigt wird, weder öffentlich noch sonst wie. Sie möchten das gerichtlich unterbinden. Das ist insofern eine schwierige Sache, als sie beim Casting im Stress und wohl ohne genauer hinzusehen, einen Wisch unterschrieben haben, der genau diese Recht dem Produzenten überlässt.

Bekannt ist immerhin, dass der Film auf einem Festival gezeigt werden sollte, dass es dann aber doch nicht zur Aufführung kam; stattdessen wurde mit Teilnehmern diskutiert; hier im Film sind nur Stimmen zu hören, die zudem technisch verfremdet worden sind. Es scheint sich um eine ganz üble Sache gehandelt zu haben bei diesem Casting. Offenbar wurden Hunderte von Mädchen eingeladen, alle blutjung, viele minderjährig, alle vom Karriertraum beseelt.

Casting ist im professionellen Bereich eine Sache von Verabredung. Der Schauspieler weiß also, welchen Text er sprechen, welche Aktionen er spielen oder allenfalls auch, was er improvisieren soll. Dort aber wurde den Darstellerinnen übel mitgespielt. Mitten in einen Monolog, den sie nah in die Kamera sprechen sollten, näherte sich ihnen, ohne Absprache, ein Mann von hinten und begrapschte sie.
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Schock für die Schauspielerinnen. Verständlich, dass sie das nicht auf der Leinwand sehen wollen. Es handelte sich aber auch nicht um eine Aktion mit versteckter Kamera; dabei muss die Einwilligung der Protagonisten nach dem Überraschungdreh eingeholt werden. Wurde hier aber nicht gemacht. Manche verließen sofort wortlos den Ort des Schreckens. Andere machten das zynische Spiel in der Zweiten Runde noch mit.

Die Regisseurin praktiziert mit ihren Nachfragen ein Theater des leeren Raumes à la Peter Brook. In Interviewsituationen, im Nachstellen der Castingsituation – auch mit vertauschten Rollen, in Gesprächen und Nachfragen der Regisseurin und im Betrachten eines Videoberichtes von der Podiumsdiskussion am Festival lässt sie so ein plastisches Bild des Antagonisten samt seiner offenbar verschworenen Crew entstehen wie auch der diffizilen Situation der Opfer; denn Opfer sind selten attraktiv; Schauspielerinnen müssen aber immer attraktiv sein; oder sie riskieren den Vorwurf Me-Too für Publicity-Zwecke zu missbrauchen.

Die fünf wunderbaren Schauspielerinnen erledigen diese schwierige Aufgabe unter der einfühlsamen Regie von Alison Kuhn respektheischend und mit großer Würde. Dokumentarfilm als Beitrag zur Aufarbeitung.

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