Tod auf dem NIl

Mord

sei in 60 bis 70 Prozent der Fälle eine Beziehungstat und dann kommen, wenn Geld vorhanden ist, noch die niedrigen Beweggründe hinzu.

Das dürfte Agathe Christie zumindest geahnt, wenn nicht gewusst haben, als sie ihre Krimis schrieb. Selbstverständlich stattet sie ihren Meisterdetektiv Hercule Poirot (Kenneth Branagh, der auch die Regie führt nach dem Drehbuch von Michael Green) mit ebensolchen Kenntnissen und mit einer feinen Beobachtungs- und Kombinationsgabe aus. So dass er stets imstande ist, den oder die Täter ausfindig zu machen und in großer Runde der Überlebenden bekannt zu geben.

Bis dahin sind auf dem Dampfschiff mit der geschlossenen Gesellschaft einige Leichen angefallen. Sinnigerweise werden sie in der Vorratskammer mit dem toten Fleisch, mit riesigen Schinken an den Wänden aufbewahrt und am Ende der Reise in weiße Tücher gewickelt malerisch von Bord getragen.

Ein delikater Auftrag hat Poirot nach Ägypten gebracht. Daraus entwickelt sich nach einem Vorspiel an den Pyramiden die Schifffahrt mit den Morden. Das Beziehungsgeflecht der Gäste ist emotionsgeladen, teils verwandtschaftlich und arm sind die Leute auch nicht.

Die Damen tragen kostbare Juwelen. Mordmotive gibt es zur Genüge; und so kleine, süße Pistolen auch. Es ist ein Ausschnitt der britischen High Society zu Zeiten des Kolonialismus, 1937.

Der Film ergötzt sich unverhohlen am Schmuck, den exquisiten Accessoires und all den maßgeschneiderten Kostümen, Hemden und Anzügen aus feinsten Stoffen; momentweise scheint die Kamera zu glauben, sie müsse werbewirksame Aufnahmen von derlei Dingen produzieren. Es ist wie ein Schwelgen im britisch-snobistischen Reichtum jener Epoche, ganz ohne jede Distanz. Dabei gehen vielleicht die Charakterisierungen der einzelnen Figuren etwas unter.

Es sind allesamt erstklassige Schauspieler. Branagh macht mit ihnen in gewisser Weise hervorragendes Repertoire-Stadt- oder Staatstheater. Die Dialoge gehen klapp, klapp und fordern hohe Aufmerksamkeit.

Dem Film ist eine Schwarz-Weiß-Sequenz vorangestellt, 1914, Schützengräben, Poirot ist Soldat und lernt im Lazarett seine Liebe kennen; diese Geschichte wird angeführt, um zu zeigen, dass er Ahnung von der Liebe und den Schmerzen hat, die deren Ende bedeuten kann; vor allem aber dient sie dazu, zu erklären, wie er zu seinem Schnauzer kam. Insofern ist dieser Prolog ein etwas ausführlich geratener Kurzfilm zu nennen.

Dann suhlt sich der Film im London von 1937 im gesellschaftlichen Leben, vor allem in einem Jazzlokal mit einer exquisiten Sängerin. Hier kommt auch zur Geltung, dass der Regisseur ein Faible für Massenszenen hat und überhaupt wohl eine Sehnsucht für Szenen, die bedeutungsvoll aussehen, mithin ein Hang zum Bombastischen.

Es gibt neckische Einschübe wie das Krokodil vom Nil, das plötzlich auftaucht und sich eine Möwe schnappt. Die ägyptische Antike mit Abu Simbel und Pyramiden samt Nillandschaft kommt auch nicht zu kurz.

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