Niemand ist bei den Kälbern

Eine desorientierte Frau – sexy auf dem Bauernhof – im Heu gibt’s keine Sünd

Der Film von Sabrina Sarabi nach dem gleichnamigen Roman von Antonia Herbing ist voller Widersprüchlichkeiten.

Wie kommt Protagonistin Christin (Saskia Rosendahl), die am liebsten ein sexy Top und Hotpants trägt, dazu, auf einer Kuhfarm das Bett mit dem Hoferben Jan (Rick Okon) zu teilen? Was verbindet die beiden oder besser: was kann die beiden je verbunden haben? Er wirkt nicht nur wie ein Waschlappen, fast motorisiert tut er seinen Job. Keine Liebe weit und breit zwischen den beiden. Wenn sie allein im Ehebett liegt, masturbiert Christin.

Widersprüchlich ein anderer Kerl, der Windräder wartet und zu dem sie einfach so ins Auto steigt. Erst spielt er den Kümmerer, erkundigt sich, was mit ihr los sei, ob sie glücklich sei. Dann erzählt sie von der Scheune mit Heu. Sie fahren dorthin. Da ist er nicht mehr der Kümmerer, da ist er der Stier, der auf die Kuh los geht.

Sie verhält sich als eine unbeteiligte Fremde auf dem Hof. Wenn aber einer in die Stube kotzt, dann ist sie plötzlich wie das Heimchen am Herd und putzt die Sauerei weg oder sie macht sauber in der Küche oder räumt Unordnung auf.

Christin trinkt viel. Anfangs Wasser. Und da muss sie oft auch pinkeln, auch mal auf einem Parkplatz hinter ein Auto oder nackt im Bade – da fällt einem der Begriff des gremienkompatiblen Softpornos ein.

Je länger der Film, und er wird es auf fast zwei Stunden Laufzeit bringen, desto mehr trinkt sie, Alkohol, aber pinkeln tut sie jetzt nimmer.

Als Negativsymbole lässt die Filmemacherin ihre Protagonistin gerne auf tote Tiere stoßen, einen toten Mäusebussard, ein totes Reh, eine totes Kalb, ein toter Hund. Fette Symbolik.

Die Regisseurin lässt ihre Darsteller offenbar gezielt undeutlich sprechen, was ein Manko für die Verständlichkeit ist und vielleicht Natürlichkeit vorgaukeln soll bei den doch recht oft hirnigen oder Pseuorealismus-Dialogen „Ach, ich muss noch packen, ich hab überhaupt keine Lust“ meint der Windradtyp in der Heuscheune, bevor er mit seiner Frau nach Dänemark an den einsamen Strand fährt – und zündet sich im Heustadel eine Zigarette an.

Stunden später steht das Gebäude in Flammen, Alarmsirenen dröhnen und noch bevor der Brand gelöscht ist, kehrt der Gatte ins eheliche Schlafzimmer zurück. Anderntags fragt die schwangere Bäuerin die Desorientierte, die im Kälberstall zugange war, „Morgen, hat alles geklappt?“ – dabei ist denen doch grad eine Scheune abgebrannt.

Aber es geht in dem Film natürlich nicht um psychologische Stimmigkeit, dokumentarischen Realismus oder Genauigkeit oder Analyse. Es scheint darum zu gehen, das Gemälde einer desorientierten Frau in einer Umgebung, in der sie fremd ist, zu erstellen. Es geht auch nicht darum, Konflikte kokeln und sich entwickeln zu lassen. Da schlägt Jan, der grade die Kühe aus dem Stall treibt, seine Frau brutal zu Boden, weil sie ihn fragt, was er tue. Dann packt sie ihre Sachen und fährt mit dem Auto dem Filmende zu.

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