Eine Nacht in Helsinki – Gracious Night Proxy

Über Endgültigkeit
Nutzlose Intelligenz frisst dich auf wie eine Ratte.
/Sanft und zart gehalten werden, das ist alles.

Über Endgültigkeit (Wie kann alles zu Ende sein, wenn nichts getan ist?)
oder: Was machen Männer auf dieser Welt?
Die Corona-Bar (Helsinki)

Was suchen Männer auf dieser Welt, wenn sie nicht grad eine Familie gründen, wenn ihre Beziehungen gescheitert sind, wenn sie Väter, gar Großväter sind oder sein könnten und wenn in Helsinki der erste Mai ein düsterer Abend in Corona-Zeiten ist?

Drei solche Männer führt Mika Kaurismäki (Mittsommernachtstango, Le Havre, Die andere Seite der Hoffnung) in seinem Corona-Film in der Corona-Bar zusammen.

Offiziell ist die Bar geschlossen, ein zart emotional eingerichtetes Lokal, in dem eine Sehnsucht des Filmes wahr werden könnte, die Sehnsucht, „Sanft und zart gehalten werden ..“.

Der Kneipier Heikki (Pertti Sverholm) hat, Lockdown ist, alles feierlich eingerichtet, will die Endgültigkeit des Endes seines Traumes zelebrieren, bevor er seinen Lebensinhalt abfackelt.

Risto (Kari Heikanen), ein Freund und Arzt in einer Lebens- und Liebeskrise irrt nach seiner Arbeit in Helsinki umher, mit seiner Frau Eeva (Anu Sinisalo) sieht er keine Kommunikaitonsmöglichkeit. Auch Juhani (Timo Torikka) landet hier. Er trägt Matrosenmütze und gibt sich als Sozialarbeiter eines Problemviertels zu erkennen. Sein Vorwand, um kurz dazubleiben, er möchte sein Handy aufladen, da seine Tochter gerade ihr erstes Kind erwarte.

In der Art, seine Schnurren zu entwickeln, erinnert Kaurismäki an Woody Allen. Man kann ihn sich vorstellen hinter seiner Schreibmaschine und die Figuren und Dialoge entstehen lassen.

Die Fragen drehen sich um den Sinn des Lebens, um Endgültigkeit. Die Figuren kommen schnell und leicht ins Gespräch miteinander. Es sind Männer in einer nicht brillanten Lebenssituation. Sie stellen sich direkt oder indirekt die Sinnfrage. Sie sind auf die eine oder andere Weise mit existentiellen Gegebenheiten beschäftigt.

Im Hintergrund schwebt das soziale Elend von West-Wantaa, dessen Sozialamt Juhani vorsteht. Auch wenn die Figuren hier noch einen bürgerlichen Boden unter den Füßen verspüren. Es werden Geschichten erzählt, die können auch zurückgehen bis Russland und Stalin oder sie können parallel in der Gegenwart stattfinden, eine Frau, die mit einem gewalttätigen Mann, der sie verfolgt, zugange ist.

Es ist ein Film mit einfachen Mitteln gemacht und ganz bestimmt coronakonform. Im Mittelpunkt steht das Interesse am Menschen, an seinem Dasein, an seiner Endlichkeit und damit das Thema der Endgültigkeit, die droht, jeden Sinn zunichte zu machen.

Dagegen kann zärtliche Emotion eines Liedes aus der Juke-Box helfen oder bei Beziehungsclinch gar ein klärendes Gespräch. Denn die Hoffnung, selbst in einem Grau-in-Grau-Helsinki, stirbt zuletzt. Es gibt Schnittmengen zu dem Film Bloody Nose, Empty Pockets, die amerikanische Kneipen-Nihilismus-Sichtweise.

Und die Frage, ob der Mann je irgend jemand gewesen sei.

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