Der heilige Bürokratius und die Natur
Die Dokumentaristin Angela Graas-Castor verfolgt über fünf Jahre das Projekt ‚Animal Aided Design‘ des Uni-Institutes für Tierökologie bei einer Neubauwohnanlage im München Laim.
Es ist dies ein wissenschaftliches Projekt und die Wohnbaugesellschaft GEWOFAG unterstützt es, da es für sie nicht teuer ist; denn in den Neubauten werden Sozialwohnungen entstehen. Da gibt es nicht viel Geld für luxuriöse Investitionen. Wobei über den Begriff gestritten werden kann. Das Zankobjekt ist ein Spechtbaum, der vielleicht zehntausend Euro kosten und den Specht in dem Gebiet weiterhin halten kann.
Das Projekt untersuchte vor Baubeginn, was es an Tieren gab. Die Idee ist, diesen Tieren auch nach der Verdichtung weiterhin Lebensmöglichkeiten zu schaffen. Es geht vor allem um Igel, Sperling, Zwergfledermaus, Grünspecht.
Angesichts der rapiden Klimaverändernung ist das Projekt ein kleines Sandkorn, um mehr Grün, mehr Natur, mehr Tierleben in die Stadt zurückzubringen.
Aber die Bürokratie, der heilige Bürokratius. Nach anderthalb Jahren hat der Freistaat nach den Wahlen die Finanzierung des Projektes gestrichen. Auf dem Dach der Häuser wurde Natur angepflanzt. Der Gärtner der Anlage hat alles kahlgemäht. Neben dem Spechtbaum, der jetzt vereinfacht als Spechtlaterne aufgestellt wurde, fällte die Hausverwaltung einen dichten, schützenden Baum.
Die Geschichte der Begrünung der verdichteten Anlage ist eine Geschichte durch den Irrgarten der Bürokratie, die blüht offenbar immer noch besser als ein paar Gräser auf einem Dach. Andererseits, das ist auch eine Erkenntnis der von Bürokraten oft enttäuschten Forscher, holt sich die Natur ihr Teil zurück, aber das braucht Zeit. So dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis in der einen bewilligten Igelschublade an einem der Häuser der Igel einzieht und bis in den Wandlöchern unterm Dach auch die Zwergfledermäuse wieder hausen, eine Maise hat ein Sperlingsloch bereits entdeckt. Ein Igel hat sich sogar direkt im Garten einer der Neubauwohnungen eingenistet und auf dem blühenen Dach wurden vor dem Mähen Bienen gesichtet.
Die Verdichtung verdichtet die Probleme und die Konflikte zwischen Mensch und Mensch als auch zwischen Mensch und Natur und besonderen Schutz genießen die gefängnishaft eingezäunten Kita-Kinder, keine Dornen oder giftigen Pflanzen dürfen dort vorkommen und die Behörden haben Angst, dass von der Igelschublade eine gesundheitliche Gefahr für die Kinder ausgeht… wo und wie Kinder Gefahren und den Umgang mit ihnen kennenlernen sollen, das bleibt eine andere Frage.
Der Film zeigt aber auch den Tunnelblick der Wissenschaftler. Sie verhalten sich so, als gäbe es kein Grün, das von der GEWOFAG gepflegt wird. Dann hätten sie als Gäste sich doch umsehen müssen, wer das macht, und dass sie einander nicht ins Gehege kommen; so erleben sie andauernd, dass ihnen ins Handwerk gepfuscht wird nach Regeln, die allerdings vor ihrem Auftreten in der Anlage schon galten.