Die Geschichte meiner Frau

Der Midlife Mann und das Meer

Vielleicht hat es sich positiv auf den Film ausgewirkt, dass Ildikó Enyedi diesmal einen Roman als Grundlage für ihr Drehbuch genommen hat.

Beim Vorgängerfilm Körper und Seele, bei dem sie selber das Drehbuch geschrieben hat, ging es pinzettenscharf analytisch um parallele Liebesträume von Hirsch und Hirschkuh einerseits und um Liebesverhinderungsmechanismen andererseits. Die irre Präzision in der Beschreibung und der Setzung der Szenen in der Einführung in den Film hat sie beibehalten.

Die ersten wenigen Sätze machen klar, worum es in diesem Film geht, ja, richtig, um den Midlife Mann Jakob Störr (Gijs Naber), der ein Leben als Frachterkapitän auf der Aquitania führt. Seine Gedanken kreisen um die Einsamkeit des Seemannes, um die Beziehung zum Meer, die keine leichte ist, es kann sehr ruhig sein, aber was drunter ist, weiß man nicht, es ist undurchschaubar, unberechenbar, gefährlich. Dann ist die Rede vom Delirium im Hafen.

Dabei schildert Enyedi in präzisen kurzen Szenen diese Leben, das Meer, das öde Leben auf dem Frachter, wie die Matrosen sich die Zeit vertreiben.

Es fängt mir Riesenfischen unter Wasser an, das kann symbolisch lesen wer will, Fische, mit denen wir uns nicht unterhalten können.

Beim Landgang trifft Störr Kodor (Seregio Rubini), er nennt ihn seinen Vater, seinen Alten; aufschneiderisch in einem Nobelrestaurant – und Papa lässt ihn zahlen. Dieser ist ein Schlitzohr und meist klamm. Entscheidend an dieser ersten Begegnung der beiden ist das Gespräch über Frauen. Spontan behauptet Störr, er wolle heiraten und er werde der erstbesten Frau, die das Lokal betrete, einen Heiratsantrag mache. Die alte Tante Sowieso, die in dem Augenblick das Lokal betrifft, darf in diesem Zusammenhang als ein heiterer Scherz von Drehbuch und Regie gelesen werden.

Dann aber kommt Lizzy (Léa Seydoux). Sie setzt sich mit dem Rücken zu Jakob. Eneyedi vertüdelt sich jetzt keineswegs, Minuten später sind die beiden sich heiratseinig, Tage später sind sie Mann und Frau, haben eine eigene, noch leere Wohnung.

Eine der ersten Fragen von Jakob an Lizzy war, ob das für sie kein Problem sei, dass er immer wieder Monate unterwegs sein werde. Scheint kein Problem zu sein. Aber sie ist ja auch kein Frachterkapitän. Schon bei der esten Begegnung kommt Dedin (Louis Garrel) hinzu. Ein verwöhnter Sohn aus reichem Haus. Jakob ist nicht begeistert, aber Dedin überlässt ihm das Feld.

Der Film erkundet in sieben Kapiteln, wie Jakob mit Lizzy zurecht kommt, wie er sie studiert, wie er voll verliebt ist, wie er ihr traut, wie er ihr misstraut, es ist ein Kampf wie der des Kapitäns mit dem Meer.

Die Frau ist so unergründlich wie das Meer. Mit Léa Seydoux hat der Film eine exzellente Schauspielerin, die offen lässt, wie weit sie es mit den Eskapaden in der Zeit der Abwesenheit ihres Mannes treibt; andererseits traut man ihr die Treue zu.

Bei der ersten Begegnung ergibt sich aus dem Gespräch aber auch, dass beide durchtrieben sein könnten.

Mit Gijs Naber wiederum ist ein Schauspieler als Jakob Störr besetzt, dem man den Seebären abnimmt; er scheint überhaupt nicht der Typ zu sein, der im Hafen gleich zu den Nutten geht; er erscheint als ein bedachter Mensch, ein reflektierter Mensch, aber dann auch wieder misstrauisch einerseits, vertrauensselig andererseits; mit den beiden Schauspielern schafft Enyedi es, die Frage der Beziehung bis zum Schluss offen zuhalten. Der ewige Kampf um die Frau, in Hamburg mit dem Seitensprung Grete (Luna Wedler).

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