Ein versöhnlicher Islam
Dieser Film ist ein deutsches Remake der französischen Komödie Die brillante Mademoiselle Neili – Le Brio in der Regie von Sönke Wortmann.
Während das französische Vorbild sich genüsslich und routiniert auf die komödiantisch ergiebige Lehrer-Schüler-Mechanik des Beibringens einer Sache, die jemand nicht kann, draufsetzt und so ganz nebenbei das Thema Rassimsus, Vorurteile transportiert, setzt die kluge deutsche Bearbeitung von Doron Wisotzky gleich auf den Komödienverzicht, weil die Deutschen das eh nicht können oder weil es hier leicht platt wird, und konzentriert sich thematisch auf die Islamgeschichte.
In der französischen Variante bestätigt die Studentin bei ihrem ersten, verspäteten Auftritt im Hörsaal alle vom Professor geäußerten rassistischen Vorurteile durch ihre Erscheinung und ihr Verhalten. Damit wird Fallhöhe aufgebaut und das Ergötzen des Zuschauers, wie die Annäherung und die Entwicklung der anfangs Verspotteten zur selbstbewussten Frau, absehbar kanalisiert; dabei spielt der Rhethorik-Unterricht den Komödiengaul.
In der deutschen Fassung fangen sie nicht so billig und auflösbar an. Naima Hamid (Nilam Farooq) ist eine selbstbewusste junge Frau, spricht schon mit dieser metallenen Stimme vieler deutscher Schauspielerinnen; die zynischen Kommentare des Professors (Christoph Maria Herbst) passen nicht so recht auf sie; sie demonstrieren nur, was für ein zynischer Rassist er ist. Er spielt den Professor so deutsch-geschliffen, dass jede Hoffnung sinnlos ist.
Der souveräne Präsident der Uni (Ernst Stötzner) hat sein liebes Problem mit diesem Professor. Er gibt ihm die Chance, den wichtigen Debattierwettbewerb unter Deutschlands Unis mit dieser Studentin zu gewinnen, dann wird er, der ein exzellenter Prof ist, nicht rausgeschmissen.
Wer also das französische Original gesehen hat, mag anfangs enttäuscht sein: weil es nicht abzusehen ist, dass irgendwas Unterhaltenswertes zwischen den beiden für die Leinwand entstehen könnte.
Es gibt den Strang des Privatlebens von Naima, da ist um Klischees nicht herumzukommen. Das Wohnhochhausviertel, in dem sie mit ihrer Mutter und dem Bruder wohnt, ist optisch nachgegraut. Naimas Freund Mo (Hassan Akkouch) steht zu ihr und ist Taxifahrer.
Die Komödienspelastik mit dem Rhethorik-Unterricht wird ganz ohne Komödienambition nüchtern abgehandelt. Hier soll sie Faust in der Öffentlichkeit rezitieren. Um bei Debatten zu einer ruhigen Haltung zu kommen, muss sie sich ein Katzenglöckchen umbinden, das bei jeder Bewegung Ton gibt und die Rhethorik-Theorie, die die französische Version szenisch ausbreitet, wird hier mit Wandtafelinschriften abgehakt. Am billigsten und unlustigsten sind die Verweise auf deutsche Fernsehnamen.
Stattdessen konzentriert sich der Film sich zuspitzend auf das Islamthema. Einer der eindrücklichsten von Naimas Wettbewerbsbeiträgen ist ihre Rede, die die Religionen in ihrer Blutigkeit vergleicht und dass da keine der anderen in irgendwas nachstehe.
Durch diesen sachten Schwenk weg von der Komödie hin zur inhaltlichen Auseinandersetzung wird der Film zusehends packender bis dahin, dass Naima einen verzeihenden Islam praktiziert als letztes Argument gegen Vorurteile, wobei der Prozess der Annäherung zwischen ihr und dem Professor weniger empirisch als im Nachhinein theoretisch nachvollziehbar wird, was der Kompaktheit keinen Abbruch tut.