Tides

Vom Staub zum Nebel,

das ist die Entwicklung des Tim Fehlbaum (Drehbuch hier mit Mariko Minoguchi) von seinem von manchen Kritikern hochgelobten Erstling Hell zu seinem jetzt zehn Jahre später auf die Leinwand kommenden Zweitling; denn hier wird postapokalyptische, dystopische Landschaft nicht mehr durch die Austattung mit Tonnen von Staub beschrieben, hier geht der Schritt zum Licht, zum Nebel, zum Zwielicht. 

Zwielicht auch bei der Story, die sich in meinem Kopf so gar nicht zusammenreimen will, die wie lauter Puzzleteile aus fragmentarischen Elementen aus dem Sci-Fi-Genre zusammenhanglos sich auf der Leinwand verteilen, es gibt im Anlauf des Filmes disrupierte Texte, die von Kepler 203 schreiben, der Name Ulysses kommt vor, irgendwer ist irgendwo gestrandet, aber irgendwie will kein so rechtes Interesse an den Figuren, ihren Zielen und Handlungen aufkommen.

Die Darsteller sprechen zwar knappe Sätze, im Drehbuch dürften kaum Kommata stehen. Das hört sich alles echt wie SciFi an und sieht echt wie SciFi aus und einmal mehr wäre der ratlose Betrachter versucht, die Henkersfrage zustellen aus der Geschichte vom chinesischen Henkerwettstreit, bei der sich ein irritierter Schiedsrichter nach dem präzisen Schlag des dritten Teilnehmers an den Gehenkten wendet, dessen Kopf oben geblieben ist, mit der Bitte „Jetzt nicken Sie mal“.

Hier sieht alles wie SciFi aus und sieht deutlich besser und eleganter und gekonnter aus als beim Vorgängerfilm; der Regisseur hat seine handwerklichen Fähigkeiten verbessert; nur: es will sich so gar kein Zusammenhang ergben.

Es kommt das Vater-Tochter-Motiv vor mit Rückblenden, es gibt Figuren mit Namen, aber sie wollen grad gar keine Assoziationen menschlicher Art ergeben oder sich in einen Kreativ-Betrachter-Bild einbauen lassen, es gibt ein Verlies, das Thema Familie wird zelebriert, mit einem Übermaß an lässig-elegant wirken sollendem Schockschnitt wirkt die Geschichte noch manieristischer; selbstzweckhaft auf der Suche nach Content stehengeblieben.

Man fragt sich einmal mehr, was sich hierbei die vielen Gremien, die das Projekt unterstützt haben, finanziell wie logistisch, gedacht haben mögen, ob sie das Drehbuch überhaupt gelesen haben oder ob sie sich von der Idee, dass die Menschen die Welt zerstört hätten und nur irgendwo im Weltraum noch Hoffnung auf Fortpflanzung dieser Spezies bestehe, schon für bestechend genug gehalten haben, so dass sie sich die Mühe des genauen Lesens des Drehbuches ersparen zu können glaubten.

Oder ob auch bei allen diesen Paten des Filmes, die teils aus Mitteln des Zwangsgebührenhaufens bezahlt werden, einfach ein Mangel an Wissen über das Sci-Fi-Genre einerseits und um generelle Drehbuchkulturdefizite andererseits handelt. Glauben alle diese Förderer dieses Filmes tatsächlich an die Möglichkeit eines Publikumserfolges?

Es wäre interessant zu erfahren, wie sie den absehbaren Flop an den Kinokassen so interpretieren, damit garantiert nicht erst die Idee einer Fehlentscheidung ihrerseits aufkommt. Drehbuch wird hier zum Leerbuch mit Leerformeln.

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