Die letzten Reporter

Aussterben oder nicht?

Jean Boué bringt in seiner anrührenden Dokumenation Momentaufnahmen aus drei norddeutschen Lokalzeitungen im Hinblick auf das Überleben in der modernen Medienwelt, die News praktisch in Sekundenschnelle verbreitet, während das Lokalblatt weit hinterherhinkt, bis die Druckausgabe beim Leser ist. Insofern verwundert die Bemerkung, die im Film fällt, nicht, dass die Leser vor allem noch alte Leute sind, während die Jugend, zum Beispiel im Sport, sich nicht dafür interessiert. 

Boué hat drei überzeugende Protagonisten gefunden, Werner Hülsmann, jahrzehntelang bei der Osnabrücker Zeitung, ein Jahr vor der Rente, zuständig für Kultur und Klatsch und mit einer eigenen Kolumne, Thomas Willmann ein altegedienter Foto-Reporter der Schweriner Volkszeitung, der seine Texte noch mit dem Zweifingersystem tippt, oft auf den Sportplätzen zugange ist und Anna Petersen, taufrischer Nachwuchs bei der Landeszeitung Lüneburg, aber bereits mit einem Preis ausgezeichnet und festen Willens, in Lüneburg und nah an den Menschen zu bleiben, die sie von ihrem Redaktionsbüro mitten in der Stadt beobachten kann; was sie bei ihrem Praktikum beim Magazin der SZ im Glasturm an der Peripherie von München doch sehr vermisst hat.

Zu sehen sind die Protagonisten bei ihrer Arbeit in der Redaktion, bei Redaktionssitzungen und auch bei der Blattkritik, bei der Recherche und bei Interviews vor Ort mit der Feuerwehr, bei einem Inklusions-Wohnprojekt, bei einem Bauern auf dem Feld oder auch beim angenehmen Interviewtermin mit einer Opersängernin. Sie berichten über Arbeiter beim Streik, vom Sportlatz bei Leichtathletik, von Rad- oder Fußball aber auch vom Ringen. 

Die Redaktionen sind rege bemüht, den Übergang ins digitale Alter mit Fortbildungen zu schaffen, die Journalisten zur Trimedialität zu bringen, sowohl Videos, Fotos als auch Texte herzustellen. 

Die vorgestellten Journalisten betreiben ihren Beruf mit Leib und Seele, aber sie müssen lernen, dass sie heute ein Branding brauchen, um klar zu machen, dass ihre Arbeit ein Geld wert sei. 

Der Film lässt die Frage offen, resp. er stellt sie gar nicht erst, ob es sich eher um eine liebevolle Hommage und einen nostalgischen Bilderbogen (da gibt es auch großartige Bilder von unterschiedlich zugeneigten Redaktionsfiguren, wie sie im Büchlein stehen!) oder um einen Wegweiser für die Zukunft des Lokaljournalismus handelt. 

Begehrt scheinen die Jobs nicht mehr zu sein, ist zu erfahren, früher hätten sich täglich Bewerber gemeldet, heute vielleicht noch drei oder vier im Jahr und an Wochenenden, die für den Lokalreporter zur forderndsten Zeit gehören wegen Sport und Feieraktivitäten, wollen die schon gar nicht arbeiten. Da gilt, was der Fotoreporter dem Bauern, der ein Problem mit der Prämienpflanze Silphi hat, fürs Foto als Regieanleitung gibt „ein bißchen Schmunzeln bitte!“

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