Klar, der Überraschungseffekt vom ersten A Quiet Place ist ein zweites Mal nicht wiederholbar. Man weiß, auf was man sich einlässt: Ungeheuer, die auf Ton reagieren und blind und in einem Wahnsinnstempo zuschlagen, egal, ob Maschine oder Mensch, auf alles Hörbare stürzen sich diese merkwürdigen Insektenwesen aus Blut und Fleisch.
Allerdings drängt sich einem bei diesem zweiten Film des Quiet Places von John Krasinski auch eine zweite Deutung auf; denn er fängt mit einem familären, sportlichen Tag auf dem Lande an. Die ganze Ortschaft ist versammelt bei einem sportlichen Ereignis und man ist versucht, quiet place, ein ruhiger Ort als Symbol für Provinz schlechthin – und ihre Dämonen zu lesen. Kleiner Spaß nebenbei.
Am Himmel über dem festlich aufgeräumten Ortschäftchen zeigt sich eine merkwürdige Wolke und schon stürzen sich die Megainsekten über das Örtchen, alles rennet, alles fliehet, auch unsere Protagonistenfamilie Abbot, Evelyn (Emily Blunt), ihr Mann Lee (John Krasinski), die beiden Kinder Regan (Milicent Simmonds) und Marcus (Noah Jupe), die beiden Kinder gehörlos. Das Mädchen weiß bereits aus dem letzten Film, wie die Dämonen zu vertreiben sind, mit hochfrequentigen Tönen, wie ein Hörgerät sie produziert.
Spannend und unterhaltsam erzählt Krasinski nun davon, wie sich die Abbot-Familie, nach dem Verschwinden des Vaters zwischen Tag 1 und Tag 474 versucht, in dem lärmempfindlichen Land durchzuschlagen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Evelyn vor kurzem wieder Mutter geworden ist. Babys haben einen Hang zum Schreien wegen nichts und sind so Ungeheuer-Attraktionen. Als Vaterersatz gesellt sich zu der halbverwaisten Familie bald die dubiose Figur Emmett (Cillian Murphy), der sich in einer verlassenen Fabrik verschanzt hat und erst feindlich der armseligen Familie gegenübersteht.
Krasinksis Erzähltrick ist simpel, indem er in ganz präzisen, aufwändigen Detailbildern die Aufmerksamkeit des Zuschauers fesselt, so wie einsten Doktor Faust von sich erzählte, wie er an der Wandtafel seine Studenten an der Nase rumführt.
Jedes Bild ist auch eine großartige Komposition nicht nur an Gegenständen, an oft malerisch geschminkten, sondern auch farblich immer attraktiv gekleideten Darstellern. Hinzu kommt ihr Spiel, was auch Gehörlosensprache beinhaltet, es kommt diese Spannung, dass jedes Geräusch, was ein Mensch auslöst oder von sich gibt, die Ungeheuer anlocken könnte; insofern trägt schon ein Barfußgang über einen laubbedeckten Waldweg, auf dem immer wieder ein Ästchen zerbrechen könnte, zur Spannung bei.
In der Fabrik splittet sich der Spannungsbogen in einen Ineinanderschnitt von drei Wegen, das Mädel weiß von einer rettenden Insel, aus der ein gewisser Song gesendet wird, Mama macht sich instinktsicher auf die Suche nach einem verlassenen Geschäft, in welchem es Sauerstoffflaschen gibt, da das Baby oder auch sie und die Kinder daraus versorgt werden müssen, wenn sie sich in luftdichte Röhren oder Zentrifugen zurückziehen und der Bub lässt dann auch noch den Säugling allein.
Das ist vielleicht etwas durchschaubare Systematik, die nicht so unbedingt storyinhärent ist, dieser Verschnitt der sich sich zuspitzenden drei Dramatiklinien. Funktioniert aber bestens.
Krasinksi scheint auch nicht mehr so viel Mut zur Stille zu haben wie noch beim Film Nummer eins, wo man sich manchmal kaum zu regen wagte, aus Angst, die Ungeheuer in den Kinosaal zu locken. Diesmal hat einer der namhaften Filmkritiker Münchens sich sogar eine besonders große Tüte Popcorn in die Presseaufführung mitgenommen. Das ist nicht weiter aufgefallen – oder er hat vor lauter Spannung das kauen vergessen. Was heißen will, A Quiet Place ist nach wie vor ein Spaß, aber nicht mehr ein ganz so leiser.