Mein Freund Poly

Mädchen und Pferde

Mit den Geschichten von Mächen und Pferden könnte man Bibliotheken und Cinematheken füllen, ein unerschöpfliches Thema, Pferde als stabilsierende Begleiter im heiklen, weiblichen Coming-of-Age und mit allerlei anderen Lebenskrisen wie hier einer Trennungsgeschichte verbunden mit einer drastischen Ortsveränderung von Paris in die französische Provinz. 

Mit diesem Umzug aufs Land fängt der herzerfrischende Film von Nicoals Varnier nach der Geschichte von Cécile Aubry an, der in den frühen 60er Jahren spielen dürfte, denn Twist kommt vor, Walkie-Talkies waren riesige Ungetüme und es gab sagenhaft romantische Filmautos. 

Mama (Julie Gayet) fährt in so einem Auto mit offenem Verdeck durch eine lichte, leichte französische Landschaft. Neben Mama am Steuer sitzt Töchterchen Cécile (Elisa de Lambert), die offensichtlich keine Lust auf den Umzug hat und lieber mit dem Vater nach Italien gegangen wäre.

Das ist die Qualität solcher märchenhafter Familienfilme, dass sie die ganze Tragik von Trennungen erst mal in ganz viel Watte, Licht und Leichtigkeit verpacken und in eine samtweiche Daunenwolke auffangender Feelgoodmusik tauchen. Es geht darum, ernste und wahre Dinge zu erzählen, ohne sie zu beschönigen, aber erträglich zu erzählen, verdaulich und leicht verständlich gerade auch für die Kleineren. 

Am Zielort angekommen werden die Provinzklischees leicht wie Flan gestreift, die misstrauischen Blicke, die Bemerkungen, dass eine Krankenschwester aus Paris hier selbständig arbeiten will. Es wird eine weitere eigentümliche Figur eingeführt, Viktor (Francois Cluzet), der auf einem Schloss wohnt, ganz allein mit einem Hund, das eröffnet die Märchenperspektive, auf die sich der Film aber nicht festbeißt. 

Vorerst schweift die Erzählung genüsslich ab zum kleinen Wanderzirkus, der gerade vor dem Ort gastiert. Hier werden das Mädchen und das Pony zusammengeführt, armes geschundenes Zirkuspony wird misshandelt, Cécile als Zaungast bekommt es mit. 

In diesem Zusammenhang wird aktivistische Essenz in den Film gegeben: dem Pony droht der Schlachter, die Erkenntnis, dass Fleisch tote Tiere sind und – Kinder zögern in solchen Dingen nicht – die Entscheidung fürs Vegetariertum plus Schmiererei auf den Schaufensterscheiben der Metzgerei und der Sohn kommt bei seinen Eltern nur deswegen ungeschoren davon, weil die Schmiererei fehlerfrei ist. 

Ein anderes geschundenes Wesen, Pablo (Orian Castano), lebt beim Zirkus und wird hilfreich sein bei der Rettung des Ponys. 

In all der Lieblichkeit von Landschaft und Kinobild wachsen die ernsteren Probleme, die tollkühne Idee des verwegenen Ausbruchsversuchs von Cécile mit dem Pony; mit einem recht modern erscheinenden Kompass will sie sich gen Italien aufmachen. Damit setzt sie den Action- und Verfolgungsjagdteil in Gang, bei dem es mitunter dramatisch zu- und hergehen wird, große Gefahren, zu deren Überwindung die slapstickhafte dumme Polizei nicht den nützlichsten Beitrag leistet, wo sie ja nicht mal mit den „Tali Walkis“ zurecht kommt. 

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