Richi
nennt sich im pädophilen Internet-Blog Barbie-Cue und lässt in Filmen sein „Spätzchen“ spielen, ein nymphenhaftes 5-jähriges Mädchen.
Richi (Moise Curia) ist in seinem Wohnwagen unterwegs, handelt mit Blumensamen. Richi ist ein sinnlicher, lebens- und sicher auch liebeshungriger junger Mann, der an dem Mädchen seinen Narren gefressen hat wie andere an einem Hund oder an einem Spielzeug. Richie hat auch etwas Clowneskes; das wird durch seine oft bunt gefleckten Klamotten angedeutet. Es gibt Szenen, wie er mit dem Mädchen wild und überschwenglich tanzt oder wie sie Spaß im Pool haben.
Es entsteht nicht der Eindruck, dass das Mädchen besonders leide; eine Eigenschaft: es spricht Ladinisch und Deutsch.
Der Film spielt teils in Südtirol und gibt von seinen Landschaftsbildern her eine prächtige Werbung für diesen deutschsprachigen Zipfel Italiens ab, der besonders aktiv sich der Filmindustrie als Drehort anbietet.
Die Reise im Campingwagen von Südtirol in den Schwarzwald und dann durch Rumänien ist der Road-Movie-Teil des Filmes. Immer wieder parken Richi und sein Spätzchen an verlassenen Ecken, sie spielt für ihn; er filmt; sie scheint es gern zu tun; diese traurigen Blicke in die Kamera oder er lässt sie verführerisch posieren.
Was Richi nicht weiß, dass einer seiner Fans von der Kriminalpolizei in Rom ist, ein fingierter Chatpartner, der immer neue Filme verlangt. Richi flippt aus, wenn die Filme gefallen und ihm neue Geschenke versprochen werden.
Richi scheint Geldprobleme zu haben und lässt sich darauf ihn, sein „Spätzchen“ in Rumänien zu verleihen, für, was angedeutet wird, üblere Filme, in denen auch Drogen eine Rolle spielen, andere Kinder in erbärmlichem Zustand sind.
Isabella Dandri, die mit Guiseppe M. Gaudina auch das Drehbuch geschrieben hat, behandelt dieses delikate und schwierige Thema, indem sie sowohl Täter als auch Opfer und der Justiz eine filmisch-epische Gleichbehandlung zukommen lässt; die erlaubt, einen differenzierten Blick auf alle Beteiligten zu werfen und zu sehen, dass es nie nur Schwarz und Weiß gibt, dass solche Dinge überall vorkommen können und dass sie immer einen Grund haben; dass es sich nie um rein willkürliche, böse Akte handelt – dabei behält sie stets das Thriller-Element ihrer Story im Auge, so dass die Geschichte nicht ganz so steinig und bedrohlich wird, wie die ersten Bilder einer langen Fahrt durch eine felsige Schlucht erwarten lassen könnten.
Der italienische Titel lautet „Un Confine incerto“, was bedeutet, eine unsichere Grenze. Isabella Sandri wandelt traumhaft sicher in diesem dünnen Grenzbereich. Wobei der deutsche Titel wiederum die ganze Tragweite und das ganze Risiko der Geschichte nicht mal im Ansatz andeuten kann.
Die Regisseurin mustert die Gesichter immer wieder, in jedem könnte mehr als nur eine Aussage zu dem Thema stecken.