Liebesfilme
Neulich meinte eine Kollegin, es gebe keine Liebesfilme mehr; dabei geht’s im Kino immer und immer wieder um die Liebe. Vielleicht meinte die Kollegin nur einen beschränkten Ausschnitt aus dem Segment der Liebesfilme. Wobei die Spanne der Behandlung des Themas breit und differenziert ist und Sex viel öfter und inzwischen viel direkter gezeigt wird, vielleicht als Gegenbewegung zu einer sich andererseits ausbreitenden Prüderie, wenn im deutschen Kino ein Mann und eine Frau in Unterhose, Slip und BH im Bett liegen.
Nicht so in Korea in diesem Episodenfilm von 2009 von mehreren exzellenten Regisseuren, die ein Spektrum von Varianten von Liebesannäherungen, Liebesbegegnungen, Liebeshemmungen, Liebesverlust auch Liebesakten anregend und mit einem ansehnlichen Ensemble untersuchen.
Das ewige Spiel mit der Liebe in verschiedenen Episoden durchdekliniert. Das Zögern, das Träumen, die richtige Wahl, das Nicht-Genießen-Können in der Gegenwart, erst nach dem Tod, die Kunst und die Liebe in der darstellenden Kunst, Film und Pornographie und liebenswerte satirische Einblicke in einen Pronodreh mit über 170 Klappen für einen Schrei, die Schule und die Liebe, die Schülerin und der Lehrer, Liebe und Rache, wer ist der richtige, wie jemanden ansprechen, bin ich noch attraktiv für meinen Partner, Diskrepanz zwischen Ausdenken und Realität, Überschreiten der Schwelle von der Vorstellung zum Ansprechen oder zur Berührung , was heißt „ich liebe dich“?. Was ist Liebe, was ist der Liebesakt? Kunst?
Schade, dass solche Filme hier nicht ins Kino kommen; aber jetzt immerhin ab sofort auf DVD und im Stream.
Im einen Film geht es ums Anbandeln auf Koreanisch. Immer im dümmsten Moment, im Stau. Erotik ist zuerst eine geistige Angelegenheit. Der Film infiltriert sich in die mentalen Erotikhirnganglien seiner Protagonisten, ein Mann, eine Frau. Sie lernen sich bei einer Zugfahrt kennen. Er hat Hemmungen ist ungeschickt. Aber mit einer Kuratorin kann die Liebe mit einem Fremden zum Kunstwerk und zum überraschenden Ereignis werden.
Wie mache ich mich begehrenswert für meinen Mann, fragt die Frau in einem anderen der Kurzfilme. Ist sie wirklich erst als Abwesende, gar als Tote attraktiv? Sie versteckt sich im Schrank, wenn er nach Hause kommt, um ihre Begehrtheit zu erhöhen. Sie fragt ihn, wie er sie für sexy hält. Sie ist enttäuscht, wenn er die Suche nach ihr aufgibt, wenn er keinen Sex haben will, weil der Doktor es doch verboten habe. Sie fährt für vier Tag ins Spital. Die Rätsel der Liebe, Lügen, Diskrepanz zwischen dem, was mann haben kann und dem, was nicht. Liebe und Tod. Geruchserinnerung. Schmerz, Sehnsucht nach dem Vergangenen, was nicht mehr da ist. Ist die Liebe auf Dauer festzuzurren oder ist sie nicht viel mehr vergänglich, nur momentan?
Liebe und Horror in einem weiteren Film. Ein weiblicher Pornostar mit Allüren beim Dreh. Die junge Nachwuchsdarstellerin wirkt nicht begabt. Der Regisseur verklemmt. Merkwürdige Figur. Hier wird kalt gekocht, was heiß konsumiert werden soll. Sex verbunden mit trashigen Horror-und Angstvorstellungen in Verbindung mit ästhetisch schönem Sex. Der Film selbst wiederum als Mittel zur mentalen Stimulierung.
Liebe auch als Film im Film als Vorstellung, als Imagination mit Zutaten wie bleichen Gesichtern und Klappen, Blitz und Donner, weicher Ohrfeige, Geschrei, ungeplantes Gelächter, Leichen, die sich bewegen und wieder Liebe und Tod; ein amüsant selbstironischer Seitenblick auf das Thema. Und dann noch das Verhältnis der Diva zur Nachwuchsdarstellerin; fesselnd.
In einem weiteren Film wird der Anfang zum Ende und das Ende zum Anfang einer Ménage á Trois, wovon die zwei weiblichen Teile am Ufer sitzend mit der Asche vom dritten Teil, dem Mann, beschäftigt sind. Liebe ist Trial and Decision (statt: Error), fast wie richtig nach Karl Popper.