In den Uffizien (DOK.fest)

Das Museum als lebendiger Organismus

quicklebendig sogar, sind die Uffizien in Florenz, die Gemäldegalerie der Medicis, die in ihren ehemaligen Bürogebäuden (uffici) untergebracht und weltberühmt ist. 

Die Dokumentation von Corinna Belz (Gerhard Richter Painting) und Enrique Sánchez Lansch ist nicht ganz so systematisch und streng (und nicht so anstrengend) wie diejenige von Frederick Wiseman über die National Gallery in London.

Sie ist leichter, vielleicht einfach italienischer, besonders mit dem ausgefuchsten Renaissance-Auge der Kamera, die nicht nur Gemälde ausschnittsweise so absucht, dass man den Film unbedingt im Kino schauen sollte, auch wenn er fürs Fernsehen gemacht sein dürfte, sondern die das Museum, die Ausblicke aus dem Museum auf das es umgebende Florenz so einfängt, als ob die Sujets selber Objekte von Renaissance-Malern wären. 

Der Film lässt sich hineinziehen in den Strom der Aktivitäten, die vom lässigen deutschen Kopf der Uffizien, Eike Schmidt, ausfließen. Er schwimmt wie ein Fisch, ohne Wesens von sich zu machen, ganz unprätentios durch seinen Bilderpool. Er kennt alle seine Mitarbeiter bei Vornamen; sie nennen ihn einfach „direttore“, und er spricht perfekt Italienisch. 

Die Filmemacher schwimmen dem direttore hinterher und können so ein breites Bild dieses Museumsorganismus‘ auffächern von Ausstellungsvorbereitungen (zB ein Skulpturen-Dialog) über eine Exklusiv-Führung für die Freunde der Uffizien (und Geldgeber) bis hinein in die Archive und Restaurierungsarbeiten, die Bibliothek und immer wieder den unendlichen Strom der Besucher, hinter dem die Gemälde fast verschwinden. 

Das war (bis Corona zumindest) vielleicht eines der größten Probleme solch berühmter Museen, dass sie schier unter dem Andrang ersticken; insofern kann der Film mit seinen vielen Gemäldedetails so einen Besuch ergänzen. Das wird auch thematisiert im Gespräch mit einem Wärter, dass die Leute schnell schnell durchmarschieren, überall ihre Handys und Klick. Die Bilder werden sie dann wohl zuhause anschauen und identifizieren. Ob das noch was mit der neuen Vision von Humanität, wie sie der Renaissance vorschwebte, zu tun hat? 

stefe erinnert sich an einen Aufenthalt in Florenz. Gegen Vorlage des Studentenausweises gab es für die Uffizien ein kunstvolles „biglietto“, auf dem in roter Schrift groß „Gratuito“ aufgedruckt war. So pilgerte stefe denn täglich zur Öffnungszeit hin (da konnte man ab und an ein Bild, gar einen ganzen Saal noch eine Weile für sich haben), nahm sich ein Bild vor, hielt sich eine Postkarte mit einem ausgeschnittenen Guckloch vor die Augen und suchte so das Bild den Details nach ab, ein großartiges Erlebnis; daran erinnert ihn die Kameraarbeit in diesem Film. 

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