In den Fichen gefischt.
Im Jahre 1989 ist in der Schweiz ein Überwachungs- und Ausforschungsskandal aufgeflogen: der Fichenskandal. Über 900′ 000 Fichen, also Akten, wurden angelegt über Menschen, von denen die Schweiz befürchtete, sie könnten für die Sicherheit des Landes gefährlich werden; für sie selbst konnte das negative Auswirkungen haben bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst.
1989 gab es in der Schweiz auch eine Initiative zur Abschaffung der Armee, als deren Existenzbegründung bislang der böse Feind im Osten angeführt wurde. Diese Begründung fiel mit dem Fall der Mauer weg. Die Behörden waren alarmiert auch von den Intianten der Initiative zur Abschaffung der Armee. Das war alles lange vor dem Internet.
Micha Lewinsky hat mit Plinio Bachmann und Barbara Sommer ein Drehbuch zu diesem Kontext geschrieben und auch Regie geführt in diesem fernsehaffinen, schweizzentrierten Film.
Mit ordentlichem dramaturgischen Handwerk wird um die Figur des Zivilpolizisten Viktor Schuler (Philippe Graber) eine Geschichte konstruiert, in der er unter anderer Identität als Statist im Schauspielhaus anheuert, um verdächtigen Zielpersonen näher zu kommen.
Verdächtig sind die Schauspielerin Odiel Lehmann (Miriam Stein) und der Regisseur Carl Heymann (Michael Maertens). Schuler kommt der Schauspielerin näher und aus der Statistenrolle wird ein exponierte Rolle mit Text.
Viktor macht durch das Kennenlernen des Innenlebens der Theaters eine Wandlung durch. Es gibt Komplikationen, weil der Vater der Schauspielerin ein Oberst in der Armee ist und erfährt, dass über seine Tochter eine Fiche existiert. Ab und an kommt Viktor ins Trudeln, wenn er zu voreilig seine erfunden Bio ungefragt zum Besten gibt.
Der Film bemüht sich so deutlich um den 80er Jahre Look, dass er direkt verstaubt wirkt, so glaubwürdig. Dass es scheint, als habe es die ganze Entwicklung zu Internet, zum gläsernen Menschen, der bei den sozialen Netzwerken seine eigene Fiche weltweit veröffentlicht, nicht gegeben. Nicht dass sich das im Film schon abzeichnen müsste. Aber der Film soll für das heutige Publikum sein und nicht fürs Fiche-Museum. Er verpasst es, eine Haltung zu zeigen, die diese Entwicklung kennt und deshalb einen besonderern Standpunkt bei der Betrachtung der Damals-Zeit einnimmt.
Vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen Entwicklungen nimmt sich der Film abgestanden, betulich aus, allerliebst zwar, aber ohne wirkliche Überraschung. Hinzu kommt ein überraschungsfreier, konventioneller Cast. Historische Aufnahmen vom Mauerfall, von Demonstrationen zur Abschaffung der Armee und ein Max Frisch beim Applaus im Schauspielhaus sind in diesen Film hineinmontiert, der im Gestern köchelt.