Oeconomia

Der weiße Elefant.

Wo denn das Geld für die Gewinne der Unternehmen herkomme, ist eine der insistenten Fragen von Carmen Losmann (Work Hard, Play Hard) in ihrer spannenden finanzwirtschaftlichen Dokumentation, die sich um die drei Punkte Geldschöpfung, Verschuldung und Vermögensbildung dreht.

Die Reaktion auf ihre Frage bei Finanzprofis ist stupend: solche irritierten Gesichter sind kaum je in einem Spielfilm zu sehen (und in einer Doku auch nicht gerade häufig; wenn überhaupt). Das sei ein gute Frage, die könne er nicht sofort beantworten, man möge die zurückstellen, meint ein Schweizer Finanzexperte. Und der Finanzchef von BMW fängt nach dem spannenden Irritationsmoment an, allgemeinplätzig zu reden, ohne die Frage zu beantworten. 

Carmen Losmann integriert die Arbeit an der Dokumentation in diese. Die wird zur Führung durch den Film. Ihre Anfragen an Firmen und Institutionen (wie die EZB) und die Antworten darauf; wie man genau vorgehe oder, wo und wie man sich bedeckt hält. 

Es gibt Firmen, die sind bereit, Meetings für den Film nachzustellen. Losmann darf in manchen Hochhäusern filmische Impressionen sammeln von Besprechungen, vom Hochsicherheitszugang, Servierpersonal, Putzpersonal, die (überwiegend) Herren in ihren massgeschneiderten Anzügen, die herrlichen Panoramablicke aus den Glas-Stahl-Türmen. 

Manchen Gesprächspartnern scheinen Losmanns Frage zu riskant und so wird die Interviewanfrage abgelehnt oder das Gespräch verkürzt. Eindruck, dass die Finanzwelt gerne vieles in Nebel hüllt. 

Interessant ist auch die Reaktion eine Vertreters der EZB, wie der versucht Geldschöpfung zu erklären und wie ein Assistent aus dem Off versucht, ihm einzflüstern, was er aber gleich als falsch abtut. 

Das ist im Finanzwesen sowieso immer spannend zu beobachten, wie es konträre Glaubensrichtungen gibt und eigentlich – so wie bei Corona – keiner Bescheid weiß. 

Ein Dauerrunning-Gag, der immer wieder eingeblendet wird, ist ein Monopoly-Spiel, das Wirtschafts- und Finanzexperten im öffentlichen Raum spielen und sich dabei über das Thema unterhalten. 

Im Moment kann ich mir keinen Film vorstellen, der die Zusammenhänge zwischen Geldschöpfung, Wirtschaftswachstum und stetiger Umverteilung von Arm zu Reich verständlicher darstellt. 

Wobei beim Thema Staatsanleihen vielleicht auch noch Black-Rock hätte ins Spiel kommen müssen und wie solche Vermögensverwalter versuchen Einfluss auf die Politik zu nehmen; hier kommt der Vermögensverwalter PIMCO vor. 

Dass Carmen Loosmann so instistent auf ihren Grundfragen beharrt, dürfte der Schlüssel dazu sein, dass dem Film zu folgen ist und man nicht mit einer Überfülle an Fakten und Wenns und Abers zugedeckelt wird. Sie muss nicht um die halbe Welt fliegen, um diese Themen in den Griff zu kriegen (was andere Dokumentaristen mit Vorliebe machen – meist ohne Zugewinn). 

Geldschöpfung über Kredite (von Geld, was es noch gar nicht gibt) kurbelt wirtschaftliche Aktivität an, denn die Zinsen müssen erwirtschaftet werden; mit den Krediten wird die Geldmenge erweitert. Und der weiße Elefant? Der steht im Raum, über ihn spricht keiner; wo denn das alles hinführe mit der steten Geldvermehrung und dem Wachstum. 

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