Die Donau ist tief. Ein Krimi aus Passau (ARD, Donnerstag, 8. Oktober 2020, 20.15 Uhr)

Versemmelt.

Der erste Passaukrimi war ungewöhnlich witzig, leicht, spannend. Im Zentrum das fabelhafte schauspielerische Trio aus Marie Leuenberg und Nadja Sabensky als Mutter und Tochter im Zeugenschutzprogramm und als Fremde in Passau, dazu der Österreicher Michael Ostrowski als Feld-, Wald- und Wiesen-Provinz-Privatdetektiv; für das Passauer Couleur sorgte Bettina Mittendorfer als Bäckereichefin mit wunderbar wechselnden Strickjäckchen. 

Das Muttertochterduo war gegensätzlich, beide haben mit Fehlern das Zeugenschutzprogramm in Gefahr gebracht; die Mutter hat mit einer unreflektierten Handlung den Privatdetektiv auf ihre Spur gelenkt und die Tochter mit einer Geburtstagstorte an die Berliner Oma den Clan und einen Todesschützen, den der Privatdetektiv mit mehr Glück als Können zur Strecke gebracht hat. 

Mithin erschien Drehbuchautor Michael Vershinin als sehr geschickt und Regisseur Maurice Hübner hat das leicht inszeniert und zwischen die Bilder schöne Passau-Drohnenaufnahmen geschnitten. Die sind auch dieses Mal in der zweiten Folge wunderbare 3-Flüsse-Flüge. 

Der qualitative und vor allem der Storytelling-Abfall ist allerdings enorm. Vielleicht ist der Grundfehler der, dass die Serie offenbar als Fortsetzung gedacht ist. So hängt die Geschichte schwer in den Seilen von Folge 1 und die Macher machen es sich billig, indem sie viel Footage daraus hineinmontieren als Flashbacks und als Erklärung für die Zuschauer.

Der Fall sackt qualitativ wie ein Flugzeug in einem Luftloch tief ab auf das übliche, üble TV-Routine-Niveau. Es kommt jetzt jede Menge TV-abgelutschter Polizisten-Cast und ebensolche Polizei-Arbeit hinzu, charmelos, witzlos. 

Das Spannungsverhältnis zwischen Mutter und Tochter hat sich verflüchtigt und die riskante Grundsituation, dass sie auffliegen können, ist wie in Luft aufgelöst. 

Leuenberger fängt auf eigene Faust Ermittlungen in einem miserable eingeführten und ebenso schwach erzählten Mordfall an einer Tierheimbesitzerin an; als ob sie in die übliche TV-Routine-Masche hineinkatapultiert wurde. Ihr „Schutzengel“, der Privatdetektiv, sitzt fälschlicherweise als mutmaßlicher Mörder im Knast; dieser zweite Kriminalfall ist hanebüchen und TV-hirnrissig, vermag nicht zu fesseln, wird billigst runtergespult und man ist fassungslos, wie die Polizeihauptkommissarin aus Berlin im Passauer Zeugenschutzprogramm sich lebensgefährlich exponiert als sei nichts. 

Die letzten zehn Minuten wird es dann wieder lebendiger, wenn der Zankl aus dem Knast entlassen wird und mal eine Szene beherrschen darf und mit dem Ringschluss zu den Römern und der Gefahr der Entdeckung der im Wald vergrabenen Clan-Leiche kommt wieder etwas makabre Lustigkeit und Drive in die Story – zu spät. 

Wahrscheinlich wäre es klüger gewesen, die Angelegeneit nicht als Fortsetzungeschichte zu planen, denn hier hängt die erste Folge bleischwer an der Geschichte und verkompliziert alles wenig nachvollziehbar. Vielleicht wäre es geschickter gewesen, zumindest nicht noch einen weiteren, an den Haaren herbeigezogenen Kriminalfall zu erfinden und sich auf das zentrale Trio zu konzentrieren, die haben es doch so schon schwer genug, erst recht im Moment, wo ihnen bewusst wird, dass der Clan ihnen auf der Spur ist. Das gäbe genügend weiterzuentwickeln. Auch die Frage, wie weit sie sich in Passau integrieren wollen oder können in ihrer neuen Identität. 

2 Gedanken zu „Die Donau ist tief. Ein Krimi aus Passau (ARD, Donnerstag, 8. Oktober 2020, 20.15 Uhr)“

  1. … die Kritik trifft leider zu 100% zu. Es ist unverständlich wie nach einem sehr guten ersten Teil derartiger Schrott folgen kann. Es tut fast körperlich weh, dass sich an anderer Stelle die Kritik in Lobeshymnen ergeht.

  2. Vielen Dank, Peter Schlegel, für das Feedback.
    Vielleicht liegt es an einer Bequemlichkeit des menschlichen Hirns. Da erlebt man man wie hier im ersten Teil eine positive Fernsehüberraschung, ja richtig überragend, und dann ist man nur zu geneigt, dieses Bild im Kopf weiterzubehalten und nicht mehr genau hinzuschauen, was im zweiten Teil passiert und es auch gar nicht wahrhaben zu wollen, dass der vollkommen abgestürzt ist.

    Vielleicht ging es auch den von uns mittels Zwangsgebühr finanzierten Fernsehredakteuren Stephanie Heckner, Cornelius Conrad und Katja Kirchen so. Das hätten sie beim Buch schon feststellen können, dass da ein Qualitätsabsturz sondergleichen bevorsteht; bequemlichkeitshalber haben sie sich vielleicht beschwichtigt, das werde wohl keinem auffallen; statt das Drehbuch zurückzuweisen; es ist merkwürdig, wie der menschliche Geist manchmal arbeitet. Solche Fehlfunktionen über die Rundfunkzwangsgebühr mitzufinanzieren, habe ich eigentlich wenig Lust; hilft weder dem Land, der Kultur, dem Urteilsvermögen noch der Demokratie.

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