Gott, du kannst ein Arsch sein!

Liebe auf dem Pritschenwagen des deutschen Kinos

Am Schluss lieben sich die Protagonistin Steffi (Sinje Irslinger) und der Mann, der für sie doch der Richtige scheint, welcher, das sei an dieser Stelle nicht verraten, auf dem Pritschenwagen, der durchgängig für das Element des Roadmovies durch den Film kurvt, sie lieben sich mindestens an den Oberkörpern nackt und mehr braucht man nicht sehen. 

Sie lieben sich im Rahmen der deutschen, subventionierten Filmkultur; das heißt in diesem Falle, sie lieben sich überdeutlich, die Liebe wird wie alles andere auch: vernünftelnd inszeniert, ein Biederkino („Ich habe so Angst, Papa“), so dass jeder es versteht und keine Erotik unnötige Hitze im Kino erzeugt (vielleicht eine Anticorona-Maßnahme).

Die Geschichte ist diejenige von Steffi, die nach dem Realschulabschluss eine Ausbildung zur Polizistin machen will. Beim Gesundheitscheck wird bösartiger Krebs entdeckt, der ihr keine große Überlebenschance gibt. 

Die Klassenfahrt nach Paris lässt sie sausen. Dort wollte sie mit ihrem Freund Fabi (Jonas Holdenrieder) in einem Hotel die Liebe erkunden. Stattdessen ist sie über Steve (Max Hubacher) gestolpert. Der ist Steilwandfahrer bei einem Zirkus. 

Den Pritschenwagen bringt der Papa als Geburtstagsgeschenk für die Tochter ins Spiel, obwohl sie den Führerschein noch gar nicht hat. Es wird das Roadmovie-Abenteuermobil für Steffi und Steve, dessen Lebensgrundlage im Zirkus auch gerade wegfällt. 

Für die Verfolgung der Ausgerissenen sind die Eltern von Steffi zuständig. Es sind dies Frank (Til Schweiger) und Eva (Heike Makatsch), angeblich ein Pfarrersehepaar – allerdings lässt das Rollenstudium der beiden vermuten, dass sie wenig Zeit hatten, sich mit dem Habitus, den so ein Beruf mit sich bringt, groß zu beschäftigen (Heike Makatsch im Ansatz immerhin). 

Der Film sei inspiriert von einer wahren Geschichte steht im Abspann. Diese Geschichte ist diejenige der Pfarrerstochter Steffi, die ihr Vater, Pfarrer Frank Pape, aufgeschrieben und zum Bestseller gemacht hat. Daraus haben Thomas Vass und Katja Kittendorf versucht, ein Drehbuch zu verfassen.

Das Drehbuch dürfte – einmal mehr – der Schwachpunkt des Filmes sein. Alles soll überdeutlich klar werden, viel zu viel wird erklärt, viel zu vorhersehbar ist alles. Der Film wirkt, als sei er nicht durchhaucht von einer Idee, sondern als sei das Buch Schritt für Schritt abgearbeitet worden, Szene für Szene, wobei eine beachtliche Unsicherheit hinsichtlich des beabsichtigen Genres zu herrschen schien; das hat zur Folge, dass der Level der Ernsthaftigkeit ständig schwankt. 

Es ist Melo oder Bedröppelkino, bsonders in dem Moment, in welchem die Krebserkankung erkannt wird, es ist Road-Movie, auf diese Tube drückt vor allem die enervierende Feelgood-Musik. Dann schlingert der Film wieder in das Action-Genre bei einem Diebstahl in einer Tankstelle. Dann soll es offenbar wieder mehr Comedy sein, wenn das Paar auf der Flucht mit pseudoschwangerer Freundin versucht, im Nobelhotel einzuchecken und die Rezeptionistin zu übertölpeln. 

So kann kein Sog entstehen.

Charge spielen will gelernt sein. Auch das ist so ein Punkt. Jürgen Vogel spielt, innert kürzester Zeit bereits zum dritten mal, eine Charge. Das erste Mal hat er mir sehr gut gefallen als Herr Vogel in Stillstehen, das zweite Mal, in Futur Drei, ist es schon weniger erwähnenswert und hier als Zirkusdirektor atmet er überhaupt kein Zirkusflair. 

Chargen sind eine Kunst für sich und sollten so gespielt sein, dass man denkt, das sei die Rolle des Lebens eines Schauspielers. Auch bei den anderen Stars, die hier mit kleinen Rollen mitmachen, wie Benno Fürmann oder Dietmar Bär sieht es nicht besser aus.

Der Titel des Filmes ist der Text eines Tattoos, das sich die Pfarrerstochter auf ihrer Reise tättowieren lässt. Dieses Tattoo soll im realen Leben viele Nachahmer gefunden haben unter den Fans des Buches. 

Max Hubacher fasziniert gleich im ersten Bild als Steilwandfahrer, dieses Alleinsein eines Mannes mit der Gefahr, der er sich aussetzt; ein Hauch von Erinnerung an James Dean. Leider ist dies durch das Buch auch nicht so richtig durch den Film durchzuziehen. Die Auswahl der Schauspieler, die ist durchaus kinoaffin, da gibt es nichts zu rütteln. Aber das allein reicht nicht für einen überzeugenden Film. 

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