Mächtiges Filmwerk aus der Sowjetunion.
Mit einer dem Krieg angemessenen Bild- und Soundgewalt reagiert 1985 Elem Klimov, der mit Ales Adamovich auch das Drehbuch geschrieben hat, auf die brandschatzende Vernichtung von 628 belarussischen Dörfern durch die Nazis im Jahre 1943.
Der Film ist jetzt ausgezeichnet restauriert worden, ein Monument und Dokument sowjetrussischer Filmkunst. Was von Hochkultur – wofür sich an einer Stelle einer Deutscher rühmt – durch den Krieg übrigbleibt, darauf verweist ein kleiner Text am Anfang: dass für die Musik Mozart verwendet worden sei. Allenfalls Spuren davon sind im wie elektronisch erzeugt wirkenden Musiksound übrig geblieben.
Warum der Film, der die Gräuel dieser Kriegsphase aus Belarussia zeigt, dennoch erträglich ist, gerade so erträglich, das ist dem Prinzip Hoffnung zu verdanken, heißt es doch, die Hoffnung stirbt zuletzt, einerseits, und die Jugend sei die Hoffnung, andererseits.
Klimov hat sich für einen Protagonisten im mittleren Teen-Alter entschieden, der heißt Fljora Gaishun (Aleksey Kravchenko), ein faszinierender Protagonist. Klimov führt ihn ein mit seinem deutlich kleineren Bruder, wie die beiden im sandigen Boden nach vergrabenen Soldaten buddeln, um Gegenstände zu finden; dabei gehen sie in ihren viel zu grossen Militärmänteln bis an die Grenzen ihrer Kräfte.
Vorher werden die Buben akkustisch angekündigt von einem zahnlosen, beinah zahnlosen Mann; mit heiserer Stimme schimpft er sie was das Zeugs hält. Dann imitieren die beiden Jungs mit ebenso heiserer Stimme den Alten und sie entdecken das Gewehr. Das ist eine gespenstisch, bizarre Szene und Szenerie mit ungeheurem Drive, der im Laufe des Filmes nicht aufhört.
Fljora will sich den Partisanen anschließen, er brennt dafür, seine Mutter weniger. Die Soldaten kommen und nehmen ihn mit. Das ist der Anfang einer Odyssee, die in einer ersten Phase dank der Begegnung mit Glascha, die sich als Rosa von der Kolchosa vorstellt, und ihn ziemlich direkt anmacht, einer Teenager-Liebesgeschichte/Coming-of-Age gleichkommt. Aber Fljora ist dafür noch nicht reif, nennt sie eine dumme Gans.
Die Fährnisse und Wirren des Kriegs halten das Pärchen eine Weile zusammen, lassen sie auch von der Truppe entfernen. Vorher wurde der Junge zynisch von Hauptmann Kosach (Liubomiras Laucevicius) in die Partisanengruppe aufgenommen. Aber für den ersten Einsatz muss Fljora zurückbleiben und seine intakten Schuhe mit den kaputten Stiefeln eines erfahrenen Soldaten tauschen.
Der Krieg treibt den Jungen, später wieder allein, umher. Davor kehrt er mit Glasha nach Hause zurück; dass das ganze Dorf massakriert wurde, entdeckt nur sie. Er bemerkt lediglich die Puppen am Boden des verwaisten Hauses. Es folgt der Versuch, mit Glasha auf eine sichere Insel zu gelangen, der schlammhafte See dorthin droht die beiden zu verschlucken, Überlebenskampf auch hier.
Die Kriegswirren setzen dem jungen Mann zu. Aber, das ist das erzählerische Pfund des Filmes, dass der Junge nicht sterben wird. Er altert zwar enorm, bei all dem, was er sieht, auch wie Leute sich mitten im Krieg belustigen oder wie Partisanen aus einem Totenschädel eine makabre Hitlerfigur mit Offiziersmantel formen und diese wie eine Heiligenstatue mit sich schleppen.
Der Film kippt die Kriegsdetails auf die Leinwand, wie ein Müllwagen seinen Inhalt auf die Halde. Es gibt Reden an die Partisanen, jede Menge großartig und perfekt inszenierter Massenszenen von Dorfbewohnern, Partisanen oder Deutschen.
Es gibt den Monolog von Glasha über die Liebe, das Leben und Kinder (also Hoffnung). Ein Flugzeug kreist oft, Fallschrimspringer gleiten vom Himmel, ein Soldat bleibt im Geäst von Bäumen hängen.
Der Film entfaltet die volle Wucht und Ästhetik russischer Filmkunst. Die Menschen sind geschundene Menschen, aber sie tanzen auch, singen, lachen, machen Witze; es sind gebeutelte Kreaturen mit wenig Hoffnung – dazu einheizender Wahnsinnssound.
Ein irrer Panzer fährt offenbar linkisch und irritiert durch die Gegend. Die Partisanen machen im Wald ein Gruppenfoto, auch dies eine denkwürdige Filmszene. Ein tote Kuh könnte Nahrung für Dorfbewohner liefern. Bis schließlich eine massive Invasion deutscher Militärfahrzeuge durch die Dörfer braust, die Bewohner in einem Gebäude zusammentreibt und den Stadel mit den eingesperrten Frauen, Kindern, Jugendlichen beschießt, mit Molotow-Cocktails bewirft, anzündet. Der junge Protagonist hat auch das überlebt. Er gibt den Standpunkt für die Beobachtung ab – er ist derjenige, herkommt und sieht.
Die Partisanen haben einen SS-Sturmbannführer gefangen, der beteuert winselnd seine Unschuld.
So richtig wohl kann einem bei diesem cineastisch hervorragenden Film allerdings nicht werden angesichts des aktuellen gigantischen Wirtschaftseinbruchs durch die Coronakrise und der politischen Entwicklungen, die mit der Berufung auf Seuchenschutzgesetze eine demokratische Freiheit nach der anderen kassieren. Denn eben haben wir gesehen, wozu Menschen fähig sind.
Der Titel des Filmes ist ein Bibelzitat aus dem 6. Kapitel der Offenbarung des Johannes. Mit dem Ausruf „komm und sieh’“ soll die Aufmerksamkeit des Angesprochenen auf die Verheerungen gelenkt werden, die die Reiter der Apokalypse angerichtet haben. Der Film ist eine Illustration dazu, die Verheerungen wurden hier von den Nazis angerichtet.