Die Welt ist alles, was der Fall ist.
Dieses Wittgenstein-Zitat hat einer der Pornodarsteller in einem der hier zusammengestellten erotischen Kurzfilme von Erika Lust auf den Rücken tätowiert.
Erotik und Philosophie. Das steckt den Rahmen, die Spannbreite dieser Sexfilme ab. Sie sind alle geistig fundiert. Natürgemäß wird auf der Tonspur von Sexfilmen überwiegend gestöhnt und geächzt, die Dialogschreiber haben es da leicht. Aber Erika Lust hat es sich nicht so leicht gemacht. Sie weiß, dass Spaß am Sex im Geist anfängt, mit der Träumerei, der Lektüre, der Fantasie.
Es gibt also für jeden der Kurzfilme einen literarischen Überbau. Ausgangspunkt dafür sind Einsendungen mit erotischen Fantasien, die die Autorin vom Publikum erhalten hat. Das kann der Traum vom Après-Ski-Vergnügen mit dem Skilehrer sein, das können Fantasien sein, die beim Betrachten eines Buches mit erotischen Zeichnungen entstehen; diesen Kurzfilm hat Lust in Schwarz-Weiß gedreht und immer wieder lässt sie dem Film während des Aktes anhalten und in Zeichnungen übergehen.
Wunschträume, die teils in literarischer Form niedergeschrieben worden sind, oder die Bilder und Vorstellungen entwickeln sich zwischen einem Studenten in einer Bibliothek beim Betrachten des Rückens einer Kommilitonin und er fängt an, sie zu zeichnen, bis sie plötzlich physisch zu Gange sind.
Es ist ja auch schön, ab und an Sexszenen zu schauen, in jedem Menschen steckt ein kleiner Voyeur und das ist keine Erfindung der Moderne, in Museum mit griechischen Skulpturen oder Töpfen finden sich reichlich Darstellungen, gar nicht so jugendfrei aber oft offen ausgestellt, Satyr mit erigiertem Glied.
Ausgangspunkt für solche Fantasien kann auch eine Erinnerungsbrille sein, die ein älterer Herr trägt und jugendfrische Szenen in die Gegenwart holt. Einem anderen Paar bereitet der Kleidungs- und Rollentausch besonderes Vergnügen. Um Spaß an solchen Filmen zu haben, muss man also gar nicht unbedingt erst Frau Dr. Ruth fragen. Aber man könnte sich mit dem ebenfalls heute startenden Brave Mädchen tun das nicht flankierend vergnügen.