Oktoberfest 1900 (Folge 3 und 4) (ARD, Mittwoch, 16. September 2020, 20.15 Uhr)

Bankert und Engelmacherin

Das Oktoberfest ist auf Mord gebaut, wissen wir nach diesen Folgen 3 und 4 und auf versuchten Totschlag, obwohl das Opfer relativ schnell mit einer lausigen Kopfbinde durch den Film irrt auf der Suche nach der Mutter seines Bankerts. Denn das mit der Engelmacherin hat offenbar nicht funktioniert. 

Die ARD fährt typisch fernsehverhackstückt, fernsehasthmatisch fort, diese Oktoberfest- und Kriminalgeschichte konfus zu erzählen, wirrt von Erzählstrang zu Erzählstrang, landet zielsicher im Abwärtsgang seiner Schwundstufen in typischer TV-Schnappatumung auf der Schundstufe, die Themen wie Bankert und Engelmacherin als Hindernisse wirtschaftlicher Heiratspolitik überdeutlich hervorhebt, die immer wieder die dämliche Frage stellt, was denn hier los sei, wenn selbst der dümmste Fernsehzuschauer das schon mitbekommen hat. 

Der hoffnungsvolle Ansatz aus der zweiten Folge, der mit dem Haupterzählgewicht auf Martina Gedeck als Bierbrauerswitwe Höflinger mit ihren beiden Söhnen Roman (Klaus Steinbacher) und Ludwig (Markus Krojer) einen Ansatz von Spannung und Storykonsistenz hat erahnen lassen, veredelt sich in der irrigen Annahme, dass Ausstattungs-, Kostüm-, Licht- und Maskenaufwand mit Inhalt gleichzusetzen sei. 

Es geht grob gesagt darum, dass der „Preuß“ Curt Prank (Misel Matievic – wie wunderbar der sein kann, hatt er in Exil gezeigt)mit Mord und Totschlag-Action (so sieht sie zumindest aus) mit einem Schlagring und mit allerlei Korruption und einem Maximilian Brückner (kann der kein Bayerisch?), sich die Rechte für seine „Bierburg“ auf dem Oktoberfest ergattert, dem Vorbild für die heutigen Megabierzelte. 

Aber der Rolle fehlt das Fundament; er ist einfach preussischer Kapitalist, der seine Tochter richtig verheiraten will und dieses Thema wird breit getreten (von wegen Schundstufe). Das ist die historische Substanz, die hier ohne sich für die Einzelfiguren zu interessieren, dünnst ausgebreitet wird „nach wahren Begebenheiten“ oder so ähnlich. 

Es gibt viel Bildtrara von diesem Oktoberfest 1900 und Spannung soll die Tatsache erzeugen, dass der neue Bierbaron nicht genügend Bier zum Ausschenken hat. So wie auch immer schmerzlich sichtbar wird, dass die Produktion nicht genügend Statisten für die Massenszenen hatte (die ARD muss sparen) und so das Oktoberfest mittendrin menschenleer ausschaut. 

Filmische Ambition wird spürbar, diese visionären Szenen, diese Orgienbilder oder auch die Schmerzbilder sowohl des Sohnes von Gedeck als auch des Kapitalisten mit den Schmerzen beim Ziehen des Weisheitszahnes, auch das wird im Hinblick auf die Schundstufe breit zelebriert und hat kaum etwas zu tun, mit der Behauptung, über das Oktoberfest 1900 zu berichten; das gehört zu den Freiheiten, die sich der Film mit seiner Garde von Autoren mit der Behauptung nimmt. „frei nach wahren Begebenheiten“. Nichts gegen die Freiheit von Autoren, die ist vehement zu verteidigen und zu befürworten, nicht aber in dem Moment, wo sie mit Beliebigkeit und „Freiheit zum Klischee“ verwechselt wird. Konsequent: die erzählerischen Schwächen.

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