We Almost Lost Bochum – Die Geschichte von RAG

RAG

diese drei Buchstaben sprechen sich hier im Film von Julian Brimmers und Benjamin Westermann nicht etwa Englisch als „räg“ aus, auch nicht deutsch als ein Wort „Rag“, sondern alle drei Buchstaben werden einzeln buchstabiert, R, A, G und das ist der Name des Objektes der Neugierde der Dokumentaristen. 

RAG steht für eine Band aus dem Ruhrpott, die sich so nannte, und die mit ihrem ersten Album bei einem Major-Label zum Klassiker des deutschen Hip-Hop wurde, wenn ich das richtig verstanden habe, kurz vor der Jahrtausendwende. 

In dem trendigen Dokumix aus Talking Heads (Musiker, Tourfahrer, Konzertagent, Journalist, Geliebte), Archivaufnahmen und Impressionen aus dem Ruhrpott, vor allem Kohleförderung und einfache Straßen und auch aus den USA oder Kreuzberg kristallisiert sich fragmentarisch eine ganz interessante Bandgeschichte mit extremer Ruhrpotteigenwilligkeit heraus, die sich angenehm von der Dokuschwemme über Rockopas abhebt; es sind keine glanzvollen Karrieren oder Karrieristen, die vor 40 Jahren ihren Durchbruch hatten und seither Branding betreiben und im Rentenalter wieder auf Tournee gehen. 

Es war eine Blüte wie bei der Königin der Nacht, so mein Eindruck, ein Highlight um die Jahrtausendwende wie die Gruppe aus Aphroe, Paheli, Galla und Mr. Witz plötzlich bei einem Major-Label ihr Durchbruchsalbum herausbringen und völlig unvorbereitet in der kommerziellen Musikbranche landen mit Geld und Ruhm und allem Drumunddran und schnell das nächste Album produzieren sollen, was konsequenterweise unter viel zu viel Druck entstand und von der Art war, dass die Produzenten nie wieder angerufen haben. 

Der Film pickt aus dem weiteren Lebensweg der vier Musiker, die so als Band nicht mehr existierten, ganz und gar unsystematisch einige Momente heraus. Der eine ist in Amerika verheiratet, ganz unspektakulär mit vielen Kindern, leicht sei das alles nicht, der andere hat vor allem von Album-Ankündigungen gelebt, die nie erschienen sind, ab und an gab es Auftritte, vom dritten ist wenig über die Zwischenzeiten zu erfahren und der vierte, Galla, der geht nach Berlin Kreuzberg, auch der Liebe wegen, eröffnet einen Laden, Hoodlum, kann aber nirgends Fuß fassen, es weht in Berlin ein anderer Wind als im Bochum oder Herne. Galla kehrt in den Ruhrpott zurück, stürzt ab in Drogen, Alkohol und Obdachlosigkeit bis zu seinem frühen Tod 2011. 

Die Band hat immer Kontakt untereinander gehalten, der Aufbau der Szene-Band in den 90ern mit der Major-Erfahrung, die teils katastrophal war, scheint einen Zusammenhalt geschaffen zu haben, der dazu führte, dass sie 2018, jetzt noch zu Dritt, wieder auf Tour gegangen sind. Können tun sie es ja – nach wie vor!

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