Fragen Sie Dr. Ruth

Späte Karriere.

Dr. Ruth Karola Westheimer, geb. Siegel, bekannt als Dr. Ruth ist ein amerikanischer Star, berühmt als Sexexpertin, die im Alter von über 50 Jahren ihren ersten Medienauftritt hatte und dann schnell zum Star wurde, weil sie direkt, offen, schlagfertig und mit Witz, dazu fachlich kompetent über Sex sprach. 

Dr. Ruth schrieb – und schreibt noch – jede Menge Bücher zu dem Thema, sie ist in allen berühmten Talk-Shows zu sehen, sie ist voller unbändiger Energie, hält Vorträge, schreibt Kolummnen und spricht mit einem „deep German Accent“, mit einem schweren, deutschen Akzent. Sie zeichnet sich aus durch eine enorme Quirligkeit bei einer Körpergröße von 1.40 Meter, die möglicherweise viele Leute, die Schmerzhaftes erlebt haben mit positiver Kraft antreibt, auch dass es bei aller Offenheit dem Thema Sex gegenüber Themen gibt, die sie nicht bereden will. Zu diesen No-Go-Themen gehört der Holocaust mit seinen Grausamkeiten, dazu gehört die Politik. 

Einer der Schmerzpunkte ist sicher, dass sie, bis sie zehn Jahre alt war, ein gehätscheltes Einzelkind war, das dann wegen der Nazis von den Eltern aus Frankfurt in die Schweiz geschickt wurde. Im Waisenhaus Wartheim in Heiden hoch über dem Bodensee waren die jüdischen Flüchtlingskinder allerdings Menschen zweiter Klasse, die die anderen Kinder bedienen mussten. 

Es folgten Stationen über Marseille, Palästina (Kibbuz), Paris (Sorbonne) bis es nach New York ging, wo sie ihre dritte und glückliche Ehe fand. 

Offenbar aus Anlass ihres 90. Geburtstages hat Ryan White diesen Film als Hommage an diese respektable Person gedreht in einem Mix aus Archivmaterial, aus Erzählungen von ihr oder Auszügen aus ihren Tagebüchern als Kind oder dem Briefwechsel mit ihren Eltern, aus einer heutigen Ortsbegehung von Stationen im Leben (Paris, Schweiz Wengen, Israel Kibbutz), aus Durchblättern von Archivmaterial und auch aus Befragung von Kindern, Enkeln, einem ganz frühen Jugendfreund und der Frau, die sie für die Medien entdeckt hat. 

Hinzu kommen phasenweise reichlich sentimentalsüßlich und leicht verschwommen animierte Illustrationen nach den Erzählungen. Zum Schluss und zur Geburtstagsfeier folgt ein Schnellabbriss ihrer medialen Erfolge. 

Im Zusammenhang mit dem Thema Holocaustverarbeitung wäre hier zu nennen der Film The Euphoria of Being, in der Éva Fahidi ihren Schmerz mit ungeheurer Lebensenergie und Freude am Tanzen kompensiert, als wie aus einem unerschöpflichen Energiebrunnen gespeist – und nicht die Opferrolle thematisierend. 

Vielleicht auch eine Parallele zu Helmut Newton, der mit den Monumental-Nudes hochpassioniert den Nazis eine Riefenstahl-Klatsche verpasste; während Dr. Ruth mit derselben, unbändigen Energie das tabuisierte Thema Sex in den Mund nimmt und dies auch von ihren Ratsuchenden oder Talkpartnern verlangt (höchst unterhaltsam).

Scharfschützin in der jüdischen Untergrundarmee war Dr. Ruth auch, bei den Unruhen nach der Gründung von Israel – sie habe gut getroffen aber zum Glück niemanden getötet – das nimmt man ihr sofort ab. 

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