Hank und Abby.
Hank (Jeremy Gardner, der sowohl das Drehbuch geschrieben und mit Christian Stella auch die Regie geführt hat) und Abby (Brea Gant) sind in der verliebten Phase ihrer Beziehung ein unendlich turtelndes Paar und in entsprechend hell-freundliches Licht getaucht.
Er wohnt in einem heruntergekommenen Haus seiner Familie in Lake George in einer Wald- und Wiesenlandschaft. Im Scherz sagt Abby, wie sie es das erste Mal sieht, das Wohnhaus von Hank erinnere sie an das Texas Kettensägemassaacker. So schlimm kommt es dann doch nicht.
Gardner nutzt seine filmische Unabhängigkeit ganz in der Tradition des American Independent Kinos (das am Münchner Filmfest lange Kult war), um dieses Paar exakt unter die Lupe zu nehmen und damit gleichzeitig die tieferen Fragen des Phänomens „Liebe“ oder auch, was die Liebe aus zwei Menschen zu machen imstande ist, zu ergründen. Denn die Menschen sind alle verschieden. Liebe heißt so schon immer auch Verzicht.
Hank ist der Naturmensch, der gerne jagt, der schnell eine Flinte oder gar eine Bärenfalle parat hat, der mit seinem Kumpel Wade (Henry Zebrowski) gerne einen hebt. Eines Tages ist Abby plötzlich weg und auch unerreichbar. Da sieht Hank sich fundamental in Frage gestellt, was ist er ohne seine Liebe, was ist der Mann ohne seine Frau.
Im Abgleich mit Hanks Verwandten stehen er undAbby als Paar insofern isoliert da, als Kinder weder geplant noch in Sicht sind.
Der Titel „After Midnight“, also „Nach Mitternacht“ zielt offensichtlich auf die dunkle Seite der Liebe ab. Diese formuliert sich, wenn die Liebe nicht da ist, bei Hank wirkt sich das extrem aus. Er sieht, spürt und hört Monster überall, er sitzt allein in seinem Haus, er hat Angst, er hat eine ungezügelte Bereitschaft, loszuballern, beim kleinsten Geräusch oder wenn ein Auto vorbeifährt. Monster allerorten.
Sein Schwager Shane (Justin Brenson), der Polizist am Ort, versucht ihn zu beruhigen, versucht zu vermitteln. Plötzlich nach vier Wochen ist Abby wieder da. Sie sei bei einem Klassentreffen gewesen, gibt sie preis. So etwas dauere doch grade mal ein paar Stunden, wendet Hank ein, was sie denn die übrigen vier Wochen gemacht habe, will er wissen. Sie offenbart, dass sie anderen Interessen gefrönt habe in Miami, dem Stadtleben, sie liebe, die Kultur, Musik, Jazz; und dass es wohl just das sei, was er an ihr so spannend finde. Sie macht von ihm eine entsprechende Analyse, von all seinen Eigenschaften, die eigentlich nicht zu ihr passen, die aber gerade das ausmachen würden, was sie wiederum an ihm interessant findet und liebt. Hier ist ein Moment, in welchem disese Liebe als nicht praktikabel, als nicht kommensurabel erscheint, als nicht lebbar auf Dauer.
Aber Gardner möchte die Geschichte doch nicht allzusehr ins fundamental Negative laufen lassen; gemeinsame Gespräche, Gesangsauftritte und die leibhaftige Erscheinung des Monsters nutzt er, um zu einem runden Ende zu kommen. Es reicht ja, diesen charmanten und kurzweilig-konzentrierten Blick in die Abgründe des Phänomens der Liebe und des ohne sie demolierten Mannes getan zu haben.