Das offene Universum – Open Universe (Stream Filmmuseum, bis Montag, 13. April 2020)

„Ich bleibe heute Abend natürlich zuhause“, das ist der tagespolitisch sinnige Text des Trailers für die Klaus-Wyborny-Retro des Filmmuseums München. Aus gegebenem Corona-Anlass streamt das Filmmuseum je für ein paar Tage einige seiner Filme. Den Anfang macht „Das offene Universum“ von 1989. 

Ménage à Trois

Eine solche ist das narrative Zentrum der ersten Stunde dieses 90-Minüters. Robert (Christoph Hemmerlin), Carla (Tilda Swinton) und Frank (Hanns Zischler) schippern mit einem Segelboot übers sommerliche Meer. 

Frank hat Carla Hals über Kopf in Acapulco geheiratet. In Marseille begegnet er Robert und zieht ihn in die Beziehung hinein. So weit, so nicht unüblich. 

Sehr sophisticated eingebettet dagegen ist diese kleine Story in ein Meer von Bildern, die wenn schon nicht sie erklären, so aber doch die ganze Welt erfassen wollen. 

Es fängt mit einem cineastischen Essay über den Ursprung der Materie, das Weltall, den Kosmos an; die Schönheit der Zahlen in schönen Bildern wie bei einer Kunstaktion. Wyborny setzt die Liebesgeschichte dem Extrem des ganzen Alls, und wie der Mensch dieses zu erfassen sucht, entgegen. 

Die Rahmenbilder sind, vielleicht teils Ruttmanns „Symphonie der Großstadt“ nachempfunden, von den schnell hintereinander geschnittenen Bildern her, die Natur, Industrie, Stadt thematisieren, vielleicht näher an den Bildfolgen der Fotografen Bernd und Hilla Becher, wenn auch nicht ganz so systeamtisch aber dafür wilder und in Farbe, mit Rotfiltern, Blaufiltern, Schwarz-Weiß oder dieses im Negativ. 

Nach dem Auffahren des Schiffes auf ein Riff, weil die beiden Männer einen Kampf mit dem Messer aufführen, das Daumenspiel, findet sich Robert allein im Dschungel. Gegen Ende wird er sich bei den „Kannibalen“ einfinden, die ihn freundlich aufnehmen und ihm beibringen wollen, ein Wort zu sagen. 

Über Frankreich gibt es den Dreiklang: Croissants, Raison, Force de Frappe. 

Wyborny spannt den Bogen zwischen dem extrem Mathematisch-Theoretischen, dem Philosophischen, dem Welterforscherischen bis hin zur konkreten Schwierigkeit der Materie des Alltäglichen, beispielsweise dem Schiffszwieback, dem nur mit dem Hammer beizukommen ist, einem verlorenen Löffel oder der Begeisterung für Maschinen. Mindestens Frank hat auch einen Beruf: er handelt mit Schiffen und Bojen. 

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