Ein verborgenes Leben

Maler am Hofe der Subvention

In Zeiten des Adels wurden berühmte Maler und Künstler an die Höfe geholt, damit sie für die Herrschaften Kunstwerke schafften; sie hinterließen Meisterwerke, die heute die Museen schmücken. 

Mit fürstlichen Mäzenen ist es in unserer Zeit nicht mehr weit her. Und wenn einer einen Film drehen will, sollte er tunlichst an den Höfen der Subvention antichambrieren. 

Terence Malick legt ein Meisterwerk für die deutsche Subventionshofkunst vor. Er hat sich für ein Sujet entschieden, wovon die deutsche Filmkunst nicht satt werden zu können scheint: einen Nazizeitfilm, der einige Fallen des Genres elegant umschifft. 

Schon sein Thema setzt er hoch über die Niederungen der Naziphilosophie: ob das Wort eines Menschen etwas zu gelten habe oder ob es egal sei, einem Führer mit einer abstrusen Weltanschauung einen Eid zu schwören, das könne man doch als leere Formalität abtun, um nicht in den Krieg ziehen zu müssen oder um nicht im Kerker, gar unter dem Schwert des Scharfrichters zu enden. 

Malick macht aus seinem Film eine Predigt, die mit Bibelworten gewürzt ist. Wer im Kino nicht unbedingt Gottes oft zweideutige Worte hören will, geht trotzdem nicht leer aus. Die Montage-, Klang- und Bildwelt von Malick kann jederzeit mit den Größen der Kirchenmalerei mithalten. Und Kirchenmalerei wird ja auch überkonfessionell und überreligiös bewundert. 

Es grenzt ans Pathetische wie Malick den Bauernhof von Franz Jägerstätter schildert (August Diehl, der am Anfang erfrischend wenig theatral mit echtem Berglergang wirkt, später aber, wenn es ernster wird, direkt aus dem Burgtheater in die Haftanstalt in Berlin überstellt worden zu sein scheint; trifft er auf Bruno Ganz, der einem wie eine Geistererscheinung vorkommt, Gott schenke ihm den ewigen Frieden). 

Überhaupt die Kamera, sowohl wie sie den Bauernhof, das Dorf, die tektonische Schräglage und ebenso das Innere barocker Kirchen und Kapellen einfängt, das ist eine Augenverführung erster Klasse. 

Franz ist verheiratet mit Franziska (Valerie Pachner). Sie haben drei wunderhübsche Mädels. Sie bewirtschaften das karge Anwesen, das bei Malick immer wieder direkt prunkvoll wirkt, was Licht und Innenausstattung, aber auch die Räume fürs Handwerk betrifft. 

Malick schildert wie es ein Louis Trenker nicht hätte begeisterter tun können, die perfekte Familien- und Lebensidylle hoch oben am Berg über die Jahreszeiten, wie gesät, geackert, geerntet, aber auch ab und an rumgealbert wird.

Der Krieg nähert sich dräuend, es ist 1939, die Machtübernahme in Österreich – St. Radegund ist die Hauptlocation für den Film. Es sind die äußersten Ränder, hier taucht der Krieg nicht martialisch auf, mal ein Flugzeug, mal ein paar Offiziere. 

Franz durchläuft eine militärische Ausbildung. Er verweigert den Hitlergruss. Er versteht den sich abzeichnenden Irrsinn mit den Invasionen in alle Herren Länder mit den enormen Verlusten nicht. Erst glauben er und seine Frau, als Bauer sei er unerlässlich und vor der Einberufung sicher. Wie der Krieg immer blutiger und hässlicher wird, nehmen auch die Gedanken, wie sich verhalten bei einer allfälligen Einberufung, mehr Raum ein. 

Im Dorf wird die Familie Jägerstätter zusehends gemobbt und angepöbelt, weil sie die Hitlergruss-Kacke nicht mitmachen. 

Malick lässt sich Zeit, das Drohende heranschweben zu lassen. Dann bringt, nach vielen Leerfahrten die steile Straße hinunter, der Fahrradpostbote den Marschbefehl. Wieder lähmt das Problem, wie damit umgehen, das Ehepaar, sich in den Wäldern verstecken oder gehorchen? Schließlich rückt Franz ein. Aber er verweigert den Eid. 

Wie die Hitlerarmee damit umgeht, das füllt in etwa das letzte Drittel des dreistündigen Filmes. Malick stellt dazu groß die Frage in den Raum, ob es denn etwas bringe, so etwas zu verweigern, wenn keiner es erfährt; das wird dem Franz immer und immer wieder eingebläut, dass keiner es erfahren werde; dass er also ein Held ohne Publikum sein würde (was Malick jetzt, da der Film auf einer wahren Begebenheit beruht, in gewisser Weise wettmacht) und sein Widerstand nutzlos sei, außer dass er eine Witwe und Halbwaisen hinterlassen würde. 

Die Gewissensfrage, die sich immer wieder auf Gott beruft. Die Alternative wäre einfach: er müsste nur unterschreiben, er könnte dann in einem Krankenhaus als Helfer unterkommen. Die Haltung des Filmes dem Christentum und der christlichen Kirche gegenüber mit ihrem Erlöserglauben angesichts der unfassbaren Verbrechen von Hitlerdeutschland kann eher als skeptisch eingestuft werden. Falls nicht, falls der Film als Predigt gedacht ist, dann dürfte er in unserer Zeit, zumindest für Nicht-Kirchgänger, eher deplaziert wirken. Für die kirchenkritische Variante spricht, dass der Film mit einem Zitat von George Eliot endet.

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