Der Integrationsfilm als Soziodram oder Soziokomödie ist in Frankreich zu so etwas wie einem eigenen und höchst erfolgreichen Genre geworden. Allein innert einem Jahr sind bis zu uns gekommen:
Das Wunder von Marseille, hier geht es um einen indischen Flüchtlingsjungen, der in Frankreich bleiben darf, weil er ein Schachgenie ist.
In Alles außer gewöhnlich geht es um von der Sozialbürokratie nicht vorgesehene Außenseiter.
Die Wütenden – Les Misérables behandelt das Integrationsproblem im sozialpolitischen Wildwuchs der Pariser Banlieu.
In Monsieur Claude 2 geht es um ethnisch-religiöse Toleranz im familiären Bereich.
Und Der Glanz der Unsichtbaren erzählt von einer Selbsthilfeaktion von Frauen ohne Obdach.
Gilles Legrand, der überwiegend als Produzent tätig ist (zB der wunderbare Sebastian und die Feuerretter), und der mit Léonorie Confino auch das Drehbuch geschrieben hat, erfindet um Agnès Jaoui als Isabelle herum ein fröhliche Mischung an Zuwanderern, die in Paris alle Französisch lernen und arbeiten wollen. Jaoui ist die beherzt-gestresste Lehrerin im Mittelpunkt.
Um zu Arbeiten ist es gut, wenn man Auto fahren kann. Also wird der zentrale Handlungsstrang der, dass die bunte Gesellschaft gemeinsam für die Fahrprüfung büffelt. Es wirkt so ein Bisschen sehr erfunden, wenn auch nicht unsympathisch, wie Isabelle erst nach mehreren Zusammenstößen zum Fahrlehrer Attila (Alban Ivanov) findet, der selber wiederum eine abenteuerliche Biographie behauptet: als Kind eines Botschafters schon mit 5 Jahren in Paris aufgewachsen zu sein.
Agnès Jaoui ist der zentrale Wirbelpunkt. Die engagierte Person, die alles für ihre Schützlinge tut, in der Schule aber Probleme bekommt mit einer neuen Lehrerin, der Deutschen Elke (Claire Sermonne), die ihr gegenüber den Vorteil hat, dass sie preussisch pünktlich ist – und dazu eine Enkelin von Himmler, weshalb sie sich Hammler nennt.
Das zeigt wie Legrand als Autor tickt: er neigt zu einer gewissen überspitzten Charakterisierung des Vorurteilswesens, was wohl als satirische Intention interpretiert werden kann.
Das Vorurteilswesen selbst wird anfangs auch explizit diskutiert und was der Unterschied zwischen Vorurteil und Klischee sei, zB dass die Schweizer Schockolade essen, die Rumäninnen Nutten seien, aber bei den Juden, die es aufs Geld abgsehen hätten, da würde es schwierig, da müssen Autor und Darsteller passen.
Eine weitere Erfindung des Drehbuches und insofern auch mehr eine theoretische Angelegenheit ist die Ehe von Isabelle mit Ajdin, einem Bosnier (Tim Seyfi), der gerade so lang in Franreich gewesen sein muss, dass er dem Buchstaben nach perfekt Französisch spricht, es aber so sauber tut als ein Bemühen um Akzentvermeidung, dass offensichtlich wird, dass er jegliche Herkunftscouleur verstecken will, was der Sprachproduktion eine unfreiwillige Note an Steife und Sterilität verleiht; andererseits aber den praktischen Beweis erbringt, dass diese Ehe lediglich aus Gründen von Aufenthaltspapieren geschlossen worden ist.
Auf all die Ungereimtheien in ihrem Umfeld, die ja nur menschlich sind, reagiert Jaoui souverän mit ihrer längst zur Kunst entwickelten Mundgeräuschmaschinerie aus Konsonanten- und Anlauten-Salat, wenn sie etwas sagen will, als ob sie das Unrunde runden wolle.
Der französische Titel heißt trefflich: Les bonnes Intentions: die guten Absichten; das ist doch schon was.