Milchkrieg in Darlsmynni

Die Revolution frisst ihre Enkel oder Urenkel

Die Gründung einer landwirtschaftlichen Genossenschaft im Norden Islands war einmal eine revolutionäre Tat. Die Bauern im Norden haben sich dadurch von der Abhängigkeit der großen Produzenten im Süden unabhängig gemacht. Im Laufe der Generationen haben sich bei der Genossenschaft im Norden monopolistische Eigenschaften und mafiöse Strukturen entwickelt, die nichts mehr mit den Gründungsidealen zu tun haben, die vielmehr die Bauern in neue Abhängigkeiten versetzen. 

Davon berichtet dieser nach glasklarem Storyboard erzählte Film von Grimur Hákonarson. Es geht um den Hof von Darlsmynni. Ihn bewirtschaften Inga (Arndís Hrönn Egilsdóttir) und ihr Mann. Die Kinder sind ausgeflogen. Die Milchwirtschaft wird mit der modernsten, vollautomatischen Melkanlage betrieben. Die überschuldete Familie ist abhängig von der Bauerngenossenschaft. Die Genossenschaft duldet es nicht, wenn einer nicht ihren überteuerten Dünger kauft. Sie hat ein Spitzelsystem eingerichtet. 

Der Tod des Mannes von Inga schlägt eine Bresche in die Mauer des Schweigens, mit der sich so ein System absichert. Diesen Prozess schildert Hákonarson mit einer Kamera, die immer genau auf die wesentlichen Dinge und Personen zugeht, somit stupende Nähe erzeugend, ein Kino der Unmittelbarkeit, und mit einer Musik, die klar macht, wie dringend notwendig es ist, diese Geschichte zu erzählen. 

Die Frage ist, ob in so einem festgefahrenen System eine Revolution, also die Neugründung einer Genossenschaft als Abspaltung von der alten möglich sei. Auch wird zu beobachten sein, wie die erstarrten Herrschaftsstrukturen mit allen Mitteln dagegen arbeiten. An sich das Übliche. 

Aber hier mit einer Klarheit erzählt, wie sie vielleicht nur in der leeren Gegend des Nordens von Island, der auch immer wieder schön und poetisch-melanscholisch zur Geltung kommt, möglich ist. 

Die Protagonistin Arndís Hrönn Egilsdóttir spielt diese Bäuerin mit einer Glaubwürdigkeit, wie sie selten in Spielfilmen zu sehen ist, besonders wenn es um solch berufsspezifischen Rollen geht. Dadurch und durch die einfache, klare Erzählung wird die Gültigkeit des Themas weit über Island hinaus fundiert; den sollte sich jeder anschauen, der mit der absurden Agrarsubventionspolitik der EU hadert oder sonstwie mit der Landwirtschaftspolitik unzufrieden ist, wobei doch die Bauern-Verbände so besonders gut organisiert und vernetzt sind. 

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