Deutsches Action-Subventionskino
Dem deutschen, subventionierten Kino fehlt es an Drehbuchhandwerk als auch am Geld, so dass dieses Subventionsactionkino nicht nur armselig daherkommt, sondern auch so ausschaut, denn es fehlt auch an einer zünftigen, diese Defizite kompensierenden Fantasie.
„7500“ ist in der Luftfahrt ein Notrufcode für Hijacking.
Der Film von Patrick Vollrath, der mit Senad Halilbasic auch das notleidende Drehbuch geschrieben hat, handelt von so einem Notfall über Deutschland und diskutiert die Frage des gezielten Abschusses, die vor Jahren akut war.
Der Flug Berlin – Paris European 162 wird Opfer eines solchen Anschlages und gibt gute Tipps, wie man so etwas trotz aller Sicherheitsschleusen bewerkstelligen kann. Man besorge sich nach Passieren der Sicherheitskontrollen Whisky-Flaschen im Duty-Free-Shop, zerschlage sie (vermutlich auf dem Klo, aber das teilt uns der Film nicht mit) und forme daraus Bedrohinstrumente wie Messer.
Es ist eine Art Huis-Clos-Film, nachdem er mit Überwachungskameras auf dem Airport Berlin ganz spannend anfängt und nachdem ein besonderer Passagier, das ist Vedat (Omid Memar), durch die Sicherheitskontrolle gegangen ist und sich im Duty Free Job eine Whisky-Flasche besorgt hat. Jetzt zieht sich der Film ganz auf das Cockpit des Fliegers zurück und bleibt dort, eine Hypothek für einen Actionfilm.
Zuerst sitzen da Michael Lutzmann (Carlo Kitzlinger) als Pilot und Tobias Ellis (Joseph Gordon-Levitt) als Kopilot. Über ihn erfährt man immerhin, dass er unverheiratet liiert ist mit der Flugbegleiterin Gökce (Aylin Tezel) und mit ihr den Sohn Deniz (türkischer Name), hat, er selbst sei Amerikaner.
Bis die Piloten auf ihren Sesseln sich eingerichtet haben und die Passagiere an Bord sind, wirkt der Film halbwegs realistisch. Es gibt die nötigen Dialoge und Kommunikationen mit dem Tower und dem Flugfeld.
Der Zuschauer erlebt alles aus dem Cockpit. Das Rollen auf die Startbahn, den Start, den Steigflug. Der Überfall passiert aus heiterem Himmel. Es sind drei mit Glasscherben bewaffnete Terroristen an Bord. Sie nutzen den Moment, wie die Flugbegleiterin den Piloten ihre Verpflegung bringt. Die Terroristen müssen mitgekriegt haben, dass sie das früher macht als sonst, das hat sie vorher den Piloten erklärt, weil diesmal besonders viele Passagiere mit Extrawünschen an Bord seien (für den kurzen Flug nach Paris erstaunlich). Hier holpert die Begründung arg.
Dann findet ein unübersichtliches Gerangel statt.
Der Zuschauer muss sich mit dem Resultat zufrieden geben, dass ein halbtoter Pilot im Cockpit sitzt, dazu ein angeschlagener Terrorist und ein am Arm verletzter Kopilot, der mit dem Feuerlöscher den Terroristen zu Boden schlägt. Alles wenig plausibel nachvollziehbar oder eher als gedankliches Konstrukt, das kurz anskizziert wird.
Da die Tür zur Pilotenkanzel wieder verschlossen ist, kehrt vorerst Ruhe ein und der Kopilot kann 7500 einsetzen. Meines Erachtens müsste jetzt eine lebhafte Kommunikation mit einem Krisenzentrum einsetzen. Nichts davon hier.
Die Terroristen drohen vor der Tür zum Cockpit die Geliebte des Kopiloten zu ermorden, als ob sie Bescheid wüssten über die Beziehung, mit einer Glasscherbe am Hals. Sie wollen testen, ob er so die Tür aufmacht. Über die Motive der Täter erfährt man wenig. Sie sagen etwas von Allahu akbar. Anfangs bleibt Tobias standhaft, bei der ersten Geisel, einem jungen Mann, der mit seiner Freundin zu spät an Bord kam. Bei seiner Geliebten übermannen ihn die Gefühle, er muss im Cockpit wilde Ausbrüche spielen und öffnet die Tür. Darauf dringt Vedat ins Cockpit ein, der mit seinen 18 mehr Mutterbub als Mann ist und eine Rolle zu spielen hat, die jeglicher Plausibilität entbehrt und die so auch unspielbar ist.
Es gehen die Emotionen hin und her. Milchbub hilft dem verletzten Kopiloten zur Landung in Hannover ohne Autopilot.
Der nächste problematische Punkt nach der Landung ist der Polizeisprecher, der offenbar in seiner Ausbildung die psychologische Schulung zum Umgang mit Terroristen verpasst hat.
Jetzt muss der Film nach dieser Bruchlandung irgendwie zu Ende kommen; statt großer Hektik im und ums Flugzeug, guckt die Kamera in das leere Cockpit und es herrscht Ruhe.
Das Problem ist auch, dass die einfachsten Gesetze solcher Filme ignoriert werden, nämlich die Entscheidung für eine Hauptperson und auch die Vorstellung der Figuren, der praktische Verzicht auf jeglichen Hintergrund der Figuren, bis auf die Beziehung von Kopilot und Flugbegleiterin, womit einem diese herzlich egal bleiben, weil sie zu durchschaubar nur auf den Action-Effekt hin konstruiert sind. Es ist in die Dialogen nichts Individuelles über die Leute zu erfahren, außer, dass der Junior-Terrorist einen Anruf von seiner Mutter erhält.
Unverständlich, warum hier wieder eine ganze Reihe von Filmförderungen beteiligt ist, wann lernen die endlich Drehbücher lesen? Der Zwangsgebührenzahler ärgert sich, dass er den unausgereiften Mist mitfinanzieren muss. So ein Planschbecken-Actionfilm ist Missbrauch von Zwangsgebührengeld.
Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!