Dummerweise Prometheus
oder die trügerische Idylle.
Nachdem alles erschaffen war und die Tiere bereits ihre Waffen, Krallen, Zähne erhalten hatten, stand der Mensch nackt da. Prometheus klaute den Göttern das Feuer und stattete die Menschen damit aus, machte sie mächtiger als alle bis hin zur Erfindung der Feuerwaffen. Das ist verkürzt die Geschichte, die Tiago Hespanha in seinem Dokumentarfilm voice-over erzählt, einer filmischen Meditation über einen Truppenübungsplatz, die nachdenklich macht; gerade weil sie nicht die Gräuel des Krieges fett malt, weil sie die ganz Ruhe – und auch Überlegtheit – hinter dem Krieg einbettet in die reine Naturidylle und eine philosophische Schöpfungsgeschichte großartig bebildert.
Zu Beginn heißt es im Text vor den Bildern:
„Schießgebiet in Alcochete, südlich von Lissabon: 7539 Hektar. Europas größter Militärstützpunkt.“
Einerseits ist so ein Truppenübungsplatz wie ein Naturschutzgebiet. Hier bewegen sich Imker, Schäfer, Ornithologen, Astronomen. Sie steuern zu diesem filmischen Essay mit seinem leisen Zugang zum Thema Krieg die entspannten, beruhigenden Naturbilder bei, wie Schafe zur Welt kommen, wie Imker sich um die Bienenstöcke kümmern, wie ein Vogelkundler Vögel zählt oder deren Stimmen aufnimmt. Und mitten unter ihnen joggen die Soldaten, robben durch Dreck, machen Schießübungen.
Aber die überwiegenden Bilder der Soldaten sind auch ruhig, sie stehen, schauen, studieren eine Karte, beobachten Flugzeuge, verabreden eine Taktik oder die Sekretärin bestätigt die Einladung an einen General für einen Empfang.
Es gibt viele Nachtaufnahmen mit Taschenlampen und Nachtsichtgeräten, auch eine Rettungsübung. Das Militär wirkt ruhig und überlegt, nie hektisch, nie kriegerisch.
Die Gedanken muss sich der Zuschauer machen, die Gedanken über den Wahnsinn des Krieges. Der Film selber hilft ihm ab und an mit seinen philosophischen Überlegungen, mit kosmologischen oder astronomischen, mit der Extrapolation auf den Weltraum, oder dann ganz privat mit dem Blick auf eine Familie, die am Rande des Übungsgeländes wohnt, wo der Sohn Klavier übt und merkwürdigerweise einen Marsch zum Thema Krieg der Sterne komponiert.
Es ist ein Film, der die Dinge sprechen lässt und keinerlei Bevormundung des Zuschauers ausübt, der eine Menschengeschichte erzählt, der aber den Zuschauer auch nicht manipulieren will, der ihn respektiert und ihm genügend Raum zur Bildung der eigenen Meinung lässt. Es dürfte schwerfallen, sich einen ergreifenderen Film über einen Truppenübungsplatz vorzustellen.