After the Wedding

Dieser Film von Bart Freundlich ist ein Remake von Susanne Biers Film „Nach der Hochzeit“.

Das Vorbild, so weit ich mich erinnere, hat mich persönlicher berührt. Bei Bart Freundlich fasziniert mich die fast aseptisch-präzise Art des Verfolgens der Konfliktlinien seiner Protagonisten. Das geschieht mit Argusaugen, wie der erste, kühne Drohnenflug langsam über eine Tempelanlage in Indien kreist, sich dann einzelnen Gevierten nähert und mit plötzlichen Wendungen in einer Art Ruinen-Nische sich hinunterbewegt und eine ganze Reihe Kids beim Meditieren findet, dann etwas nach links schwenkt, um bei einer in Meditationspose aufrecht sitzenden Figur zu landen, bei einer der Protagonistinnen, bei Isabel (Michelle Williams).

Isabel ist eine Idealistin – das ist ein Thema, was schon bei Susanne Bier kritisch hinterfragt wird, die Motivation idealistischen Handelns, ob die wirklich aus Altruismus oder doch vielleicht aus Egoismus heraus stattfindet; das wird immer wieder aufscheinen.

Vorerst jedoch kümmert sich Isabel zu hundert Prozent um die Kinder in dem indischen Waisenhaus. Ihr Liebling ist der Junge Jai (Vir Pachisia), ein Junge, um den sich alle Hilfswerke der Welt reißen dürften.

Isabel ist in Kontakt mit einer Organisation in New York, die bereit wäre, Geld für das Waisenhaus zu spenden. Bedingung ist allerdings, dass sie persönlich dorthin reist. Sie tut alles für die Kinder. Den Sprung über den Ozean nutzt Freundlich, um der indischen Armut die White Supremacy der amerikanischen Ostküste fett definiert entgegenzusetzen.

Die potentielle Spenderin ist Theresa (Julianne Moore). Sie hat das Unternehmen „Horizon – Media“ aufgebaut. Sie ist verheiratet mit dem erfolgreichen Künstler Oscar (Billy Crudup). Er hat ein Kind in die Ehe gebracht, es ist die inzwischen erwachsene Grace (Abby Quinn), die kurz vor ihrer Hochzeit steht.

Das erste Treffen von Isabel und Theresa ist schockierend für Isabel: denn Theresa ist mit den Vorbereitungen zur Hochzeit der Tochter voll in Beschlag genommen: es sind Luxusfragen, ob Hummer oder welch anderes Krustengetier, die viel Zeit einnehmen; die Waisenkinder in Indien müssen zurückstecken.

Isabel ist nicht begeistert, sie hat erwartet, sie bleibt eine Woche und kehrt dann mit 5 Millionen Dollar zurück. Stattdessen wird sie – und wird die Familie von Theresa (sie hat noch zwei leibliche Kinder mit Oskar, zwei Buben) von ständig neu sich eröffnenden Konflikten, die weit zurückreichen, abgehalten, aufgehalten, ausgebremst.

Freundlich folgt diesen Konfliktlinien wie der Chefkoch oder der Chirurg seinen Interessen mit dem Skalpell. Der Kopf des Zuschauers wird damit beschäftigt gehalten, wie die Menschen reagieren, wie sie handeln, nach welchen Maximen, wie weit es wirklich mit ihrem Idealismus her ist, wie weit sie sich über Beziehungen definieren, wie weit sie Beziehungen vertrauen können. Und wie sie mit der Vergänglichkeit umgehen.

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