Datschenkino.
Aus der Datsche für die Datsche ausgedacht. Am Computer erfunden, schwer sprechbare Relativ-Sätze (das zeigt sich bei mancher Artikulation, die in Sprechartistik ausartet). Keine Untersuchung der Realität drum herum.
Ausgedacht, um an einem Ort auf dem Land, der einer Sommerfrische gleichkommt, wie in einem Sommercamp, gedreht zu werden. Alles im Griff zu haben zu glauben, die Welt, die Menschen, das Kino. Nur ist dem nicht so. Aber das hat Tom Sommerlatte schon in seinem vorigen Film gezeigt Im Sommer wohnt er unten.
Da hatte er mit dem Dreh in Frankreich noch Sehnsucht nach Kinokultur signalisiert. Gut, das tut er jetzt in Deutschland auch. Diesmal ist die Sehnsuchtsreferenz der Wilde Westen. Franz (Sebastian Fräsdorf) und seine Schwester Lilly (Karin Hanczewski; jeder ihrer Sätze tönt gleich, als ob sie eine Synchronrolle spreche) betreiben die Rinderzucht ihres halbgelähmten Vaters Heinz (Wolfgang Packhäuser mit imposant weißem Haar).
Filmisch bedeutet das, dass sie im Heu rumtoben, mit der Sprinkleranlage Blödsinn treiben, als ob es sich um einen Landurlaub handle. Franz sieht man ständig mit frischen weißen T-Shirts (dafür gibt es immerhin den Wäscheleinen-Beweis), sitzt vor allem auf dem Pferd (zu dem er keine Beziehung hat; da tätschelt seine Schwester nach einem Ritt wenigstens ihr Ross); aber ein Rind auch nur anrühren sieht man ihn nicht ein einziges Mal, die scheinen ihn überhaupt nicht zu interessieren, nur einmal schlägt er tief im Hintergrund von einem Pferchgitter aus auf die Rinder ein.
Das heißt, die Glaubwürdigkeit der Rinderzucht ist im Eimer, darauf aber beruht das Drehbuch. Somit entpuppt auch dieses sich als nette akademische Idee ohne Fundierung. Typisch Datschenfilm: es wird über Gemüse geredet, über den Hofladen, Besuch kommt, die abgehauene Mutter mit ihrem Mann; Lilly verliebt sich in einen Typen, Franz wird eifersüchtig. Alles ausgedacht. Aber keiner hat sich mal überlegt, wie denn der Tagesablauf eines Rinderzüchter ausschaut, und dass der ständig was zu tun hat. Und garantiert keine Zeit für akademische Sätze.
Unglaubwürdig genau wie die Geschichte mit dem Gemüsegarten und dem Parkplatz. Vor dem Haus ist unendlich viel Platz. Da will die Mutter einen Gemüsegarten anlegen. Der Sohn, den sie Schatz nennt, wendet ein, das sei doch der Parkplatz. Aber es ist soviel Platz, dass auch neben dem Gemüsegarten genügend SUVs abgestellt werden können. Glaubwürdigkeitsproblem.
Gut, wird der Filmemacher einwenden, er wolle ja nicht dokumentarisch einen Rinderzuchtbetrieb schildern, ihn würden die kaputten menschlichen Verhältnisse interessieren. Nur sind menschliche Verhältnisse glaubwürdig auch nur aufzuschlüsseln, wenn sie (generell) in einen sozialen, wirtschaftlichen Ablauf eingebunden sind. Das fällt hier flach.
So entsteht der Eindruck, ein paar alberne, allzu oft und allzu gern lachbereite Akteure machen sich einen Spaß draus, das Rinderzüchtertum zu veräppeln. Oder was will uns der Filmemacher sonst noch erzählen? Die kaputte Familie heißt Lennertz. Oder ist die Jugendfreizeit-Romantik-Sommercamp-Sehnsucht mit dem Filmemacher durchgebrannt? Sommerfrischekino als privates Verlustiervergnügen.
Und wieder sieht man Sommerlatte und sein Team in schöner Sommerdatsche, diesmal einer Rinderzucht, wie sie Zwangssubventionsgelder verbrennen, ohne einen tauglichen Gegenwert dafür zu liefern, außer sperriger Sätze, wobei die eine oder andere Pointe abfällt; das ist zu wenig.
Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!