Un café sans musique c’est rare à Paris

Welpenschutz?

Zwei ausbildende Institute aus Deutschland (Hochschule für Fernsehen und Film München und Münchner Filmwerkstatt) und die Constellation Factory, Paris, entlassen den Zweitfilm von Johanna Paula Maier, die mit Peter v. Jung auch das Drehbuch geschrieben hat, in die freie Wildbahn des wild umkämpften und gerade super kriselnden Kinomarktes. Da es sich um einen Zweitfilm handelt, ist wohl Welpenschutz nicht mehr angebracht.

Die Filmemacherin schickt ihre Protagonistin Anna (Jana Klein) auf eine Reise durch ein dystopisches Paris, dem jeder Charme ausgetrieben wurde.

Anna scheint identitätslos zu sein. Wo immer sie hinkommt, wird sie als alte Bekannte begrüßt, aber Hanna genannt. Ihre Korrektur nützt nichts. Sie wehrt sich auch nicht entschieden dagegen. Mystery-Movie?

Zuerst landet Anna in einem Hotel, alles sei ihr geklaut worden. Im Zimmer wickelt sie sich ein Badetuch um und eines in Damenmanier um den Kopf. Vom Hotel erhält sie notdürftige Kleidung.

Paris ist menschenleer. Anna wird von einem Paar an einem Brunnen erwartet und begrüßt. Die Szene wirkt abstrakt oder erinnert an das absurde Theater, wie bei Ionesco in der Kahlen Sängerin ein Ehepaar sich in einem Zug kennenlernt und nach und nach herausfindet, dass sie ja verheiratet sind. So weit aber treibt es Johanna Paula Maier nicht, sie beschreibt lediglich eine Austauschbarkeit von einer Anna mit einer Hanna. Insofern bleiben die Beziehungen verbindungslos. Das vorgeführte Menschentum wirkt abstrakt, erfunden.

Anna springt wie ein Spielball und zufällig von Menschen zu anderen Menschen, erlebt andauernd, dass man sie zu kennen glaubt und wie aus der Lostrommel erfindet die Autorin Rollen für sie: von der guten Bekannten, der erwarteten Freundin, dem Betthupferl für eine Nacht, der Mutter, der Tochter, dem Kindermädchen, der Vertrauten und ebenfalls wie aus der Lostrommel lässt die Autorin Themen anskizzieren: Kind und Computer, Kind und Fernsehen, Auschwitz, Verhältnis Deutschland / Frankreich, über Liebe und „Erkennen“, Kommunikationslosigkeit der Menschen, das Alleinsein, Bar und Angst, Angst vor dem Crash, Weinen in der Schule, der chinesische Kaiser und der schiefe Himmel, Watteau (Einschiffung nach Kythera), Debussy, Heulsuse in der Schule, Abwasch machen, Philsophie: woanders ist es immer besser, über Veränderungen, Europa-Philosophie, „eine normale Frau“, Bar und Einsamkeit der Menschen, Scheißjob und mies bezahlt, Angst der Menschen, Kontrolle durch Ex, Schule und Erziehung, Fahrerflucht, Betteln, Atomunfall, die Männer, Freiheit, Lust im Alter, Endzeitvisionen, protestantische Erziehung und schlechtes Gewissen, Identitätsproblem, manipulierendes Prophezeien, Schmerzen und Angst, schlechte Information der Öffentlichkeit …

… als wolle die Filmemacherin das ganze Leben, die ganze Welt abhandeln und moralisch in ihre Schranken weisen – als ob der Kinomarkt auf so einen unübersichtlichen Szenen- und Themenmix gewartet hätte.

Ach ja, und der Brand des „Café Monde et„ an der Place de la République spielt immer wieder eine Rolle.

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