Unsere große kleine Farm

Der Traum vom Paradies auf Erden,

der ist insofern biblisch, als die Plagen nicht fehlen und ihn dynamisieren.

Diesen Traum hatte die Fachbloggerin Molly Chester, die Frau des Naturfilmers John, schon lange gehegt. Sie hat Zeichnungen dazu angefertigt, als die beiden noch in einem kleinen Appartment in Santa Monica in Südkalfornien lebten.

Anlässlich einer Dokumentation über eine „Hundeherderin“, eine Frau, die viel zu viele Hunde auf viel zu kleinem Raum hält, funkt es zwischen einem Hund mit besonders treuen Augen und John. Der Hundeblick räumte jeden Zweifel aus. Molly und John nehmen ihn auf, nennen ihn Todd und versprechen ihm, dass er nie wieder seine Herrschaften wechseln müsse.

Doch dann bellt Todd tagelange, wenn die die Chesters nicht da sind. Nachbarschaftsklage. Rausschmiß. Das ist der Zeitpunkt, den Traum vom eigenen Paradiese, von der eigenen Landwirtschaft wahr zu machen.

Chesters finden ein 80 Hektar großes Stück Land, vollkommen vertrocknet und verwahrlost, etwa 80 Kilometer außerhalb von L.A. Die Chesters scheinen unternehmerisch talentiert zu sein. Sie finden einen Investor, sie finden freiwillige Helfer übers Internet, fangen mit Roden und Urbarmachung an.

Alan York ist ihr Berater der ersten Stunde, ein Naturphilosoph, der die Dynamik der Vielfältigkeit von Tier und Pflanzen als treibendes Element sieht. Die Pflanzerfolge der Chesters scheinen ihm recht zu geben. Bereits ein Jahr nach Installation von Bewässerung und Herstellung von natürlichem Dünger, regt sich das Leben auf der Farm vielfältig.

Hochdynamisch geht es weiter. Eine Obstplantage mit Dutzenden von Steinobstsorten, ein Teich, Hühner (die Eier sind der erste Verkaufserfolg), Schafe, ein Bulle, Fische.

Wo aber die Natur den Tisch reich deckt, da zieht sie weitere Lebewesen an. Das Gleichgewicht wird bedroht. Koyoten schlagen massenweise Hühner. Fische im Teich sterben, wegen der Exkremente von Enten. Vogelschwärme fressen die Äpfel weg. Gegen jede Plage hat die Natur ein Gegenmittel.

Den größten Gewissenskonflikt verursachen John die Koyoten. Einmal schießt er einen ab. Das ist aber nicht im Sinne der Yorkschen Theorie. Auch gegen Koyoten lässt sich ein Mittel finden.

Es ist ziemlich unglaublich, welch vielfältiges Leben sich in den 7 Jahren auf der Farm entwickelt, in denen John den Aufbau dokumentierte. Er lässt auch die Momente nicht aus, in denen sie der Verzweiflung nahe sind und ans Aufhören denken, wie York stirbt, oder wenn die Koyoten wieder Dutzende von Hühner reißen oder wenn Schnecken die Bäume befallen. Aber immer hat die Natur ein Gegenmittel bereit.

Der Film leistet einen höchst dynamischen Beitrag zum Thema nachhaltige Landwirtschaft, wenn er auch auf die finanzielle Seite so gut wie nicht eingeht. Beim Arbeiten sieht man die Chesters auch selten. Gut, dann können sie ja nicht filmen.

Und sicher gibt es schöne Naturaufnahmen, die mehr von Idylle und Glück der Tiere erzählen, als vom brutalen Kampf ums Gleichgewicht, der auch mit Ende des Filmes keineswegs beendet ist. Immerhin sind die Chesters an der Feuersbrunst vorbeigeschrammt und sintflutartige Regenfälle hat ihre reiche Erde geschluckt wie nichts, keine Erosion, nur Auffüllen des Grundwassers. Die Krume ist der eindeutigste Beweis für die gedeihliche Arbeit: beim Kauf des Grundstückes ist sie hart wie Beton. Sieben Jahre später besteht sie aus einem einzigartigen Reichtum aus Mikroben und Würmern und Leben, ist fast flauschig wie Daunen zu nennen.

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