In mildem Lichte.
Nicht für Parteinahme, nicht für Propaganda im never ending Nahostkonflikt (wie du mir, so ich dir, ewige Rache etc.) hat sich Sameh Zoabi mit seiner sanften Komödie entschieden, er macht lieber einen Film übers Geschichtenschreiben und Geschichtenerzählen am Beispiel einer palästinensischen Daily-Soap-Opera, die auf zwei Grundannahmen fußt, dass der Menschen einen Hunger nach Geschichten aus seiner Lebewelt hat und dass jeder Mensch eigentlich nur in Frieden und Liebe leben möchte, sich mit möglichst wenig Imponderabilien zurechtwurschteln unter den vorgegebenen Umständen, vielleicht selber noch ein bisschen wichtig sein möchte und eine gewisse menschliche Anerkennung braucht.
Es ist auch ein herzerwärmender, humorvoller Film über die Wechselwirkung von Leben und Geschichte, von Leben und täglicher Fernsehserie, was zeigt, wie wichtig Geschichten – als Reflektion des Lebens – im Alltag sein können, wie Grundnahrungsmittel.
Ramallah – selten genug – ist Dreh- und Haupthandlungsort der palästinensischen Fernsehserie „Tel Aviv on Fire“. In einem Fernsehstudio wird hier in familiärer Atmosphäre gedreht. Die Serie wird aber nicht nur in Palästina, sondern auch in Israel und auch hier vornehmlich von Frauen geschaut. Es ist für sie ein sakrosankter Termin.
Die Serie spielt 1967. Es ist eine Liebes- und Spionagegeschichte. Die Palästinenserin Tala (Lubna Azabal), die in Frankreich lebt und hier Gaststar ist und ein Verhältnis mit Marwan (Ashraf Farah) hat, soll sich in Israel an General Yehuda Edelman (Yousef ‚Joe‘ Sweid) heranmachen und herausfinden, was die Pläne Israels sind. Es dürfte sich also um die Zeit vor dem 6-Tage-Krieg handeln.
Die über allem dräuende Frage wird sein, ob sich dabei eine Liebesgeschichte entwickelt, ob es einen Kuss, und zwar keinen trockenen, ‚arabischen‘, gibt, ob eine Hochzeit zustandekommt.
Der Ideen werden mehr, denn plötzlich bekommt das Drehbuch neue und mehrere Köche. Salam Abbass (Kais Nashif) stößt als neuer Sprachcoach für Hebräisch zum Team. Er ist ein Araber, der in Israel wohnt und täglich die demütigenden Grenzkontrollen zum Westjordanland passieren muss. Dabei entdeckt Grenz-Kommandant Assi Tzur (Yaniv Biton) das Drehbuch. Ab jetzt wird auch er inspirierend hineinwirken. Er will aber kein Geld, sondern Humus. Und er wird nicht der einzige Influencer bleiben.
So verwickeln sich Leben und Geschichte, Grenzermacht und männliches Geltungsbedürfnis, weibliche Einflussnahme und Divengehabe zu einer zärtlichen Melange an Liebeserklärung ans Serienmachen, aber auch an die Menschen in Nahost, die seit Jahrzehnten unter unzähligen Menschenopfern und dem unlösbaren Konflikt leiden.
Und wie es sich für das Kalkül einer sich rechnen sollenden Serie gehört, muss das Ende so sein, dass unbedingt eine zweite Staffel nötig sein wird – la lotta continua.