Apollo 11

Zeitreise.

Dieser Footage-Montage-Film von Todd Douglas Miller ist eine doppelte Zeitreise.

Eine Zeitreise in die Geschichte der Raumfahrt, zurück zum Juli 69, als die Amerikaner den ersten bemannten Flug zum Mond erfolgreich starteten und auch zu Ende brachten mit den drei Astronauten Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins.

Der Film ist aber auch eine Dokumentation aus der Geschichte der Dokumentation, wie über so ein Ereignis damals berichtet wurde, denn Miller montiert lediglich Originaldokumentationsmaterial von damals. Es gibt viel davon, die Auswahl dürfte nicht leicht gefallen sein. So wird der Film zur „statementfreien Zone“, ein Riesenplus.

Der Flug zum Mond von Apollo 11 war ein mediales Ereignis erster Güte, ein Weltereignis. Es gab riesige Pressetribünen in sicherer Entfernung von der Startrampe. Der Film montiert das Material in einer spannende Abfolge von Material aus den Innereien der Nasa, wo unzählige Männer in Hemden – und keine einzige Frau – hinter für uns heute altertümlich erscheinenden Monitoren sitzen, jeder verantwortlich für eine Winzigkeit an Detail aus dem Zusammenwirken des riesigen Apparates.

Frauen gab es nur im Hintergrund, die kommen hier nicht vor, dazu müsste man den großartigen Film Hidden Figures anschauen, das war ganz am Anfang, als Kennedy den bemannten Raumflug ankündigte.

Überhaupt scheint der Film auch eine Hommage an Kennedy und seine Visionen zu sein. Nixon kommt nur klein am Fernsehen. Und vielleicht versucht der Film noch eine dritte Funktion zu erfüllen, dem geteilten Amerika unter Trump ein Momentum entgegenzusetzen, in dem über diesen Mondflug kurzfristig zumindest eine Art Einheit der Nation hergestellt war, so jedenfalls erscheint es im Film.

Der Film selbst berichtet wie über eine brennende Aktualität; geschickt montiert Miller die Archivschnipsel zu einer aufregenden Geschichte. Kurz vor Start wird noch eine undichte Leitung entdeckt, auch diese Reparatur wird spannungserhöhend dokumentiert. Dann die Vorbereitung der Raumfahrer selber, wie sie in einem Transportfahrzeug zuerst mit Begleitkolonne, dann allein zur Startrampe gefahren werden.

Die Drehungen, die wie Saltos aussehen und die die Rakete auf ihrer Bahn ab und an bewusst gemacht hatte, die Abkoppelungen, der Mondumlauf, die ersten Schritte, als ob der Astronaut im ersten Moment nicht wisse, was er auf dieser riesigen leeren Fläche soll, aufgenommen von einer fixen Kamera im Inneren des Landegefährtes „Eagle“.

Nach der erfolgreichen Rückkehr werden die Helden der Nation in einem Gefährt, das aussieht wie eine Hot-Dog-Bude auf Rädern, erst mal in Quarantäne gebracht – und die Ringe unter den Augen der Herrschaften in den Überwachungszentren sind dicker und dunkler geworden – das Abenteuer und Medienereignis hat schließlich über eine Woche gedauert.

Dunkel, fast Nacht – Ciemino, Prawie Noc

Hinabtauchen in tiefste Tiefen menschlicher Urängste und Verunsicherung, dorthin, wo es am Schmerzhaftesten ist: Verlust des Kindes, Zerstörung des Kindes, Missbrauch des Kindes.

Kinder sind die größte Hoffnung der Menschen auf Zukunft und Fortbestand. Weshalb Missbrauch von Kindern zu den schlagzeilenträchtigsten Verbrechen gehören, gerade in München, der Mann mit der Wolfsmaske, der am hellichten Tag ein efljähriges Mädchen missbraucht hat, die Titel, die die Boulevardpresse verteilt, sind nicht schmeichelhaft.

Borys Lankosz, der mit Magdalena Lankosz auch das Drehbuch geschrieben hat nach dem Roman von Joanna Bator, schickt die Journalistin Alicja (Magdalena Cielecka) von Warschau in die polnische Provinz, wo immer mehr Kinder unter ungeklärten Umständen verschwinden.

Alicja ist aus der Gegend. Das erleichtert den Einstieg in die Recherche. Sie hat noch einen Schlüssel ihres leerstehenden Elternhauses. Darin kommen Erinnerungen hoch, vergrabene, ungeklärte.

In der Nacht überwältigt Alicja im Garten einen Mann, der angeblich Jagd auf die ‚Katzenfresser‘, die Zigeuner, macht, denen die Schuld am Verschwinden der Kinder zugeschrieben wird.

Lankosz beschreibt die Gegend, die Erinnerungen meisterlich mit den Mitteln des Horrormovies, Schlaglichter, viel Dunkel, dazu eine exquisite Musik, die auf die Abgründe hinweist, eine weiche Erzählerstimme und Settings mit wenig Perspektive, keine renovierten Häuser, Zerfall.

Zur Bebilderung des Kinderhorrors kommen gekonnt die einschlägigen Motive wie Teddy, Barbiepuppe, schwarze Puppe, Perlen, Kreisel, Prinzessinnenpuppe, Äffchenpuppe, erhängte Katze, Kapuzenmann, eine Herzogin Daisy vor, krasser wird es mit einem Aschenbecher in Form eine nackten Barbiepuppe, in welcher Zigaretten ausgedrückt werden. Aber auch die Katzenfrauen spielen eine Rolle; eine macht ein Geräusch wie eine Klapperschlange.

Einzig die Journalistin ist heutig, sie joggt in modernen und auch im Film heller und frischer wirkenden Jogginganzügen. Sie wird durch ihre Recherche mit der eigenen Familiengeschichte konfrontiert, die komplex und düster genug ist, sie befragt die Mutter eines verlorenen Kindes, den Leiter eines Heimes. Dort ist die Bemerkung zu hören, dass immer die falschen Menschen die Kinder bekommen, der soziale Abschaum, und dass die Eliten zu wenig Kinder in die Welt setzen. Sie kann nicht widersprechen, ist sie doch selber kinderlos.

Die Recherchen bringen Hintergründe für die Verbrechen ans Licht sowie zeitgeschichtliche Ausformungen von Brutalität wie Naziherrschaft (ein Junge, der Mengele spielt – vorerst nur bei Tieren) oder Einmarsch der Roten Armee in Polen.