Measure of Man – Ein fetter Sommer

In extra feiner Weise erzähltes Coming-of-Age von Jim Loach nach dem Drehbuch von David Sceare nach dem Roman von Robert Lipsyte.

Sommerlich lichtdurchflutete Bilder und sommerglückliche Musik federn die Härten des Erwachsenwerdens von Bobby Marks (Blake Cooper) ab. Es findet in herrlichst-lauschiger Sommerumgebung zwischen unaufdringlichem Seestrand und Urlaubsdatsche aus Holz statt.

Auch die Besetzung der Figuren zeigt die Intention, die Geschichte außergewöhnlich zu erzählen. Bobby ist ein Junge, der behauptet 17 zu sein, er wirkt mit seiner Körperfülle, dem schwarzen Lockenkopf und den weichen Gesichtsrundungen eher wie 13 oder 14. Aber seine tiefe, geerdete Stimme strahlt eine bereits erworbene Souveränität aus – ein Widerspruch.

Bobbys Eltern Leonore (Judy Greer) und Marty (Luke Wilson), die diskret ihre Krise zu verbergen suchen, und auch seine Schwester Michelle (Liana Liberator) spielen munter und souverän diesen manirierten amerikanischen Acting-Stil, der ihm die Schwere des Realismus nimmt.

Ein weiterer Beweis für das anspruchsvolle Castingvorgehen ist die Besetzung von Dr. Kahn mit Donald Sutherland, der in einem ausladenden Anwesen am See wohnt und Leute sucht, die ihm das Grundstück pflegen. Das führt Bobby zu ihm, der sich von der Familie lösen will.

Sutherland erteilt dem Jungen, der anfangs mit der Pünktlichkeit Probleme hat, eine Lektion, die die Moral des Titels des Stückes offenbart: dass ein Mann besser seinen Weg gehen sollte, statt Zeit und Energie mit Rache zu vergeuden.

Dass Dr. Kahn selbst so handelt, darauf gibt eine bestimmte Tätowierung am Unterarm einen entscheidenden Hinweis; so subtil dürfte dieses Thema noch kaum Eingang in einen Film gefunden haben.

Den Grund zur Rache geben Bobby örtliche Jungs, allen voran Willie (Beau Knapp), die auch gerne bei Dr. Kahn arbeiten möchten und die nicht erbaut sind über die Sommergäste, die die Preise für Wohnungen und Häuser in die Höhe schnellen lassen und schon gar nicht über Bobby, der den Kahn-Job erhält.

Die Mobbingspiele der 67er Jungs, in der Zeit spielt der Film und auch der Vietnamkrieg guckt kurz vorbei, werden verständlich, aber nicht horrormäßig grausam gezeigt.

Es geht nicht darum, im Zuschauer selber Hass zu erzeugen, weil Stärkere einen Schwächeren misshandeln, es geht dem Film um die Moral, auf die der Titel hinweist und die er mittels eindrücklichem Filmerlebnis unverbogen und ohne jedes Moralin transportiert. Der Film gibt Erkenntnishilfe statt dass er belehren will.

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