Britt-Marie war hier

Das Kino forscht den Träumen nach.

Mit zehn Jahren war der Traum von Britt-Marie (Permilla August), mit ihrer Schwester und den Eltern nach Paris zu fahren.

Ein Verkehrsunfall lässt den Traum platzen. Stattdessen folgen 40 Jahre Hausfrau, eine perfekte Hausfrau, makellos, tadellos, kein Stäubchen auf Kommoden und Schränken, das Besteck ordentlich in den Schubladen, das schildert der Film von Tuva Novotny nach dem Drehbuch von Anders Frithiof August nach dem Roman von Fredrik Backman hingebungsvoll, minutiös, unmissverständlich.

Britt-Marie ist für ihren Gatten Kent (Peter Haber) da. Er für das Geschäft, für den Fußball – und, was ein Herzinfarkt an den Tag bringt – für Camilla. 40 Jahre Hingabe ohne Feedback, ohne Komplimente, ohne Aufmerksamkeit, ohne Anerkennung, ohne Träume. Das prägt, das Gesicht von Britt-Marie hat zu dem Zeitpunkt etwas Maskenhaftes.

So scheint der Ausbruch aus dieser Lebensroutine anfangs klischeehaft (alte, erstarrte Dame begibt sich auf neues Terrain), wirkt vorhersehbar. Sie sucht einen Job. Im entlegenen Borg soll sie das Jugendfreizeitzentrum betreuen und den Jugendfußbalclub trainieren.

Was folgt, ist zum Glück nicht die vorhersehbar billige Erfolgsgeschichte (ahnungslose Trainerin bringt den letzten der Clubs an die Spitze), nein. Was folgt, ist die Konfrontation mit der neuen Aufgabe, ist ein Verehrer und ein desorientierter Gatte, der allein nicht zurechtkommt (den Film interessieren also weniger Pointen und Cliffhanger).

Aber auch: das Besinnen auf die früheren Träume, die Frage nach dem Sinn des Lebens, von Entscheidungen, nach der Identität, nach dem Glück. Tuva Novotny behandelt diese Fragen (oder stellt sie) in behutsam, achtsamer Weise mit einem humanen Kino, was momentweise ephemer, pastellen wirkt und im Zuschauer die Fragen nach der Identität, allenfalls nach deren Variabilität resp. deren Festgefahrenheit virulent werden lässt. Wobei mir die Musik zu sehr auf der Schiene „es macht Spaß“ fährt, wenn ich jetzt den Film vom Ende her betrachte.

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