Roads

Ausschlachten der Schwarmintelligenz öffentlich-rechtlicher Fernsehredakteure.

Abhaken einiger wesentlicher Punkte zum Thema „Migration“, Flucht übers Mittelmeer, Polizei, Auffanglager, Rassenvorurteile und schon geraten die Filmintellektuellen ins Schwärmen, ohngeachtet, ob der Film auch spannend, plausibel und nachvollziehbar gemacht ist.

Sebastian Schipper, der mit Oliver Ziegenbalg auch das Drehbuch geschrieben hat, versammelt diese Punkte plus zerrüttete Familienverhältnisse im Kongo und in London, Hasch und Schwulität, Illegalität und Fahren ohne Führerschein wie bei einer Power Point Präsentation im Drehbuch.

Die meisten Themen werden eh nur im Dialog, also papieren erwähnt (William aus dem Kongo (Stéphane Bak) hat 200 ertrinken gesehen, zitiert einige Dramen um Bootsflüchtlinge von Marokko nach Spanien). Der Protagonist Gyllen (Fionn Whitehead) erzählt von seiner ihn schlagenden Mutter. Dass der Vater Paul (Ben Chaplin) eine junge, schwangere Frau oder Geliebte hat, das ist zu sehen. So weit ist also den Fernsehredakteuren des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes schon gedient.

Wichtige Themen kommen vor, stehen im Drehbuch zu lesen, ja es gibt sogar eine heausgehobene, explizite Rassimus-Szene zwischen den beiden Roadmovie-Akteuren William und Gyllen, ja wir sind in der Antivorurteilslehrstunde.

Nur, will das jemand im Kino sehen? Denn spannend ist das vorgebliche Roadmovie nun nicht gerade erzählt, das hat mir sogar einer konzediert, der zufrieden war mit dem iedologisch korrekten Auffsummieren der Punkte zum Migrationsthema.

Aber wozu ein Roadmovie drehen, den ganzen Aufwand betreiben, wenn es nur der ideologischen Vergewisserung dienen soll?

Der Film fängt mit einer prototypischen Roadmovie-Szene an. Ein Campingwagen steht in Meeresnähe. Ein Junge zappelt aufgeregt um das Gefährt herum. Er tätigt verschiedene Anrufe. Aus jedem wird deutlich, dass er ein Problem mit seinem Campingwagen hat.

(Ein Kritiker-Kollege hat gegen die Einwände mit dem ideologischen Abhaken – und dadurch Zwangsgebührengelder auf den eigenen Kanal lenken mittels leicht überzeugbarer Fernsehredakteure – aufgeführt, es handle sich um ein Märchen, denn dass es sich hier weder um ein Drama, noch Melodram, noch eine Abenteuergeschichte handle, da war man sich einig. Fängt so ein Märchen an: ein junger Mann mit Problemen mit einem Campingwagen telefoniert zappelig und wild in der Gegend herum? Es war einmal ein junger Mann, der schien seinen Campingwagen nicht mehr bewegen zu können und telefonierte wild zappelnd in der Gegend herum, fangen so Märchen an? Ist man da interessiert, wie es weitergeht?)

Es taucht ein junger Mann aus dem Kongo mit einem Stock auf. Es stellt sich heraus, er ist um die 18 wie Gyllen. Beide haben keinen Führerschein. Sind diese Infos so gewichtig, dass sie ein Sprungbrett für ein Roadmovie sein können? Doch eher nicht.

Die dünne Plotbehauptung ist die, dass Gyllen seinen Vater in Frankreich besuchen möchte und William seinen Bruder, der es als Flüchtling bis Frankreich geschafft hat, dort aufspüren möchte – ohne jeden Anhaltspunkt.

So eine Grundstruktur könnte einen spannenden Film in Gang setzen, wenn die Filmemacher sich für die Menschen interessierten. Denn Menschen sind durch Konflikte gekennzeichnet und wenn zwei Menschen mit verschiedenen Zielen zusammenkommen, so kann es dramatisch Ergiebiges absetzen.

Wenn aber ein Filmemacher nur hohler Moralist sein will und Standardpositionen zum Thema Migration absondern will, dann fällt ihm wohl zu seinen Figuren nicht viel ein und die sondern stattdessen ihre Texte mehr oder weniger glaubwürdig ab und bleiben anonsten von der Regie verlassen und der Film verzichtet auf jegliche menschliche Komplexität.

Das scheint ein Moritz Bleibtreu besonders gespürt zu haben. Deshalb führt er mit seiner kleinen, unplausiblen Rolle Lutger einen Zirkus auf, als ob er sich in einem Schnellsprechwettbewerb schlagen möchte. Niente capito. Muss eine ziemlich Verzweiflungstat von Moritz Bleibtreu gewesen sein, die Rolle zuzusagen.

Sebastian Schipper scheint mir vor allem ein Windmacher. Er sollte Power Point Präsentationen produzieren und nicht Filme. Statt die Emotionen zwischen den beiden Protagonisten zu erforschen und zu ergründen, muss am Schluss ein Papiersatz her: eine Umarmung müsse mindestens 20 Sekunden dauern, um Endorphine freizusetzen. Und dann wird gezählt. Und der Film zieht sich. Öffentlich-rechtliches TV-Funktionärskino. Der Zwangsgebührenzahler ist dabei der Abgezockte.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers!

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