The Wild Boys

Performance in exotisch-erotischem Schwarz/Weiß oder mit Farbfiltern, eine Phantasmagorie zum Exzess oder der Züchtigung des geschlechtlichen Triebes verwöhnter, reicher Jungs auf La Réunion.

Schon die Einführung des Filmes von Bertrand Mandico gerät krass. Die Literturlehrerin lädt fünf reiche Schnösel aus der Klasse zum Nachspielen einer Szene aus Macbeth ins Schilf nahe dem Ufer: Romouald (Pauline Lorillard), Jean-Louis (Vimala Pons), Hubert (Diane Rouxel), Tanguy (Anael Snoek), Sloane (Mathilde Warnier).

Die Jungs sind in weißen Hemden, haben Hosenträger an und weiße Masken vorm Gesicht. Sie kippen starken Alkohol. Das Vorspielen endet grausam in einem Gewalt- und Sexexzess.

Es folgt eine performative, symbolische Gerichtsverhandlung. Die Jungs lügen sich und dem Gericht fett einen vor. Der Zuschauer hat es eindeutig anders gesehen. Der Elternrat entscheidet, die Jungs als Erziehungsmaßnahme einem holländischen Kapitän (Sam Louwyck) zur Züchtigung auf sein Schiff mitzugeben.

Auf dem Schiff werden Varianten von Herrschaft durchgespielt, von Ankettung und sexueller Sehnsucht, von Gruppenzwang und Befreiungsversuchen, die Intimität zwischen Quäler und Opfer.

Die letzte Station dieser Erziehungsmaßnahme ist eine Insel („ein schwarzer moosbedeckter Scheißhaufen“), die mit einer Auster verglichen wird. Mit der Person Séverin(e) (Elina Löwensohn), die sich für die Auster hält, hat es eine Besonderheit, mystisch, drahtzieherisch, sie steht hinter dem Kapitän, der nur als ein Vollzieher – und also nicht besonders intelligent – dasteht.

Die ersten Beschreibungen der Insel sind wie die einer Kloake, stinkig, bissig, unattraktiv, obwohl die Natur reichlich gedeiht. Dann plötzich ein Wechselbad der Gefühle, die Natur als ein Paradies, das auch sexuelle Gelüste befriedigt – nicht nur dies, sie scheint die Fähigkeit zur Geschlechtsumwandlung zu besitzen. Hier suhlt der Film sich genüsslich im orgiastisch Trancehaften und auch der Schwulität solcher Vorgänge, in der Ewigkeitssehnsucht, dem Widerstand gegen jegliche moralisch-sittliche Begrenzung von Gefühl und Trieb.

Ein weiterer Versuch kinobildhafter Annäherung an das anscheinend nie lösbare Problem der Geschlechtlichkeit des Menschen und seiner Aufspaltung in mindestens zwei Varianten und das Element der Herrschaft dabei mit den Mitteln einer Grausamkeitsperformance, von Grausamkeits- und Allmachtsphantasien und der Vorstellung, über einen anderen Menschen verfügen zu können (wie über einen Hund an der Kette), auch dem Tier im Menschen sowie den beiden Geschlechtern, Entidealisierung des Menschen. Vielleicht die negative Variante von moralischem Dozierkino? Verkommenheit als Prinzip, Grausamkeit als Prinzip oder um ihrer selbst willen.
„On se croyait immortel“.
„Das war, bevor ihnen Brüste wuchsen. Zurück zur Insel“.

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