Jonathan (2019)

Dieser Film von Bill Oliver, der mit Gregory Davis und Peter Nickowitz auch das Drehbuch geschrieben hat, macht es einem einerseits leicht.

Er erklärt klipp und klar die Dualität des Menschen als physikalisches Konstrukt: ich und mein Bruder in einem Körper. Es ist Jonathan/John (Ansel Elgort). Sie teilen sich den Tag auf. Der Bruder John steht für das Dunkle, die Nacht, das ausgelebte Leben, hm, vielleicht die Liebe, das Brechen von Regeln.

Jonathan ist der Brave, der Biedere, der Zuverlässige, der Korrekte, der am Anfang einer Karriere als Architekt steht: sein Bruder erweist sich als Karrierehindernis, weil er Zeit mit ihm teilen muss, Teilzeitarbeit und Karriere vertragen sich nicht.

John bricht Regeln, die sie sich gegeben haben (sich alles zu erzählen, kein Verhältnis mit einer Frau einzugehen).

Es gibt zwei Betten im Schlafzimmer der Steril-Hipster-Wohnung, in der Jonathan haust, das andere Bett ist für John. Meist jedoch sieht man Jonathan aufwachen und er ist irritiert, wenn der Wecker wieder eine zeitliche Drift aufweist, wenn es 07.03 Uhr ist statt 07.00 Uhr, das deutet auf Zeitüberschreitungen von John hin.

Konflikt zwischen den beiden Ichs liegt in der Luft. Die Kommunikation läuft über Videoaufnahmen. Sie beinhaltet die Einkäufe für den gemeinsamen Haushalt, Kühlschrank, Wäsche, Zustand von Gesundheit, Beziehungen (Nachbar mit Goldkettchen).

Als physische Besonderheit haben die Brüder eine Art Zapfstelle oder Zugang, der aussieht wie eine Narbe, hinterm Ohr.

Jonathan ist in Behandlung bei der Psychiatrin Nariman (Patricia Clarkson). Sie versucht vor allem, der Jonathan-Identität zum Durchbruch zu verhelfen. Aber John droht mit Selbstmord. Sie meint, John müsse entfernt werden. Wobei die Frage ist, was dann übrige bleibt, wenn das Dunkle fehlt.

Die deutsche Synchro passt sich nahtlos an das Sterildesign des Filmes an, an die Laboratmosphäre, die faktisch immer gleich große Ausschnitte aus dem Leben untersucht, das heißt, die Szenen sind vorwiegend in einer halbnahen Kadrage aufgenommen, die Innenausstattungen sind mehr erzählerischer Rahmen als von Detailbelang, sollen eine Art Aufgehobenheit signalisieren.

Die Figuren selber, vor allem John und mehr noch Jonathan sind ohne Porenspuren geschminkt auf unschuldig rein, jugendlich, unbeschriebenes Blatt. So erscheint Jonathan als der Reine, der Unversaute, wobei die Verlebtheit von John sich im Rahmen hält, er hat lediglich etwas kühnere Hemden und etwas weniger streng frisiertes Haar.

So offen der Film seine Analyse vorlegt, hinterlässt er doch Rätsel, der Traum von Skandinavien von Jonathan (er denkt an den Sommer ohne Nacht), dass er nicht möchte, dass John von ihm entfernt werde, wie die Psychiatrin rät, aber dann wieder mit der Taxe zum J.F.K. gefahren wird und den Taxifahrer am Meeresstrand als unbekannten Vertrauten behandelt und von seinem Glück erzählt, von welchem, dem der Dualität oder der überwundenen Dualität, dass er also sich selbst keinen Privatdetektiv mehr auf die Fersen schicken muss?

Der Film spielt in New York. Le Corbusier, Guggenheim-Museum und Met werden als kulturelle Referenzen angeführt. Die musikalische Untermalung ist spährisch-ätherisch, so wie das Bild auch einen leichten Touch von irreal aufweist.

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