Zur Relation von Sensationsjournalismus und christlicher Botschaft.
Das hat mir dieser Film von Roxann Dawson nach dem Drehbuch von Grant Nieporte klar gemacht, wie nah sich Sensationsjournalismus und die christliche Botschaft von Wundern oder gar der Auferstehung sind.
Hier geht es um eine Auferstehung zumindest nach einem Nahtod von John (Marcel Ruiz). Er begibt sich am 15. Januar 2015 mit zwei Kumpels auf die Fläche eines zugefrorenen Sees. Der Film ist nach einer wahren Geschichte. Die Eisdecke scheint dick. Plötzlich brechen sie ein.
Der Film erzählt nun im Minutenrealismus, wie lange John unter Wasser bleibt, wie die Kette der Information über den Unfall die Rettung in Gang setzt, wie Polizei, Feuerwehr, Notdienst eintreffen, im Stil eines Aktualitätenjournalismus, eines Sensationsjournalismus.
Und wo schlagen Wunder üblicherweise ein? Sicher nicht in New York, sicher nicht in L.A., irgendwo in der Provinz, in Missouri, genauer in Wentzville, irgendwo im Kaff, das war schon im Alten Testament nicht anders.
Das Wunder wird nicht sein, dass das Opfer nach allen Regeln der ärztlichen Kunst erstversorgt und ins Krankenhaus verfrachtet wird, auch nicht, dass die ärztliche Kunst dem Patienten keine langes Überleben mehr gibt. Auch die exakten Details wieso, weshalb und was alles kaputt sei, ist leichtes Futter für den Sensationsjournalismus, das kreiert Glaubwürdigkeit.
Nein, das Wunder passiert später, das Wunder passiert, wenn der Berg von Adoptivmutter von John, Joyce Smith (Chrissy Metz), mit einer Leibesfülle, die Mitleid obligatorisch macht, am Spitalbett von John erst die Füße massiert und dann betet.
Und plötzlich piepst eine schon totgeglaubte Maschine wieder. Ein Wunder braucht immer auch Zeugen, die es bestätigen und es verbreiten. In den sozialen Netzwerken wird zum Beten für John aufgerufen, das Fernsehen berichtet life vor Ort, Hunderte von Menschen sammeln sich vor dem Krankenhaus, singen und halten Kerzen in die Luft. Eine ganze Gemeinde leidet mit. Auch das ist ein Need des Sensationsjournalismus, unter den Lesern Compassion, Mitleiden und ein Wir-Gefühl zu erzeugen. All das hilft.
Schon zwei Wochen später kann der moderne Pfarrer der Gemeinde, Jason (Topher Grace), die ganze Familie vor versammelter Gemeinde interviewen zu dem Wunder, das ja eben ein Wunder ist, weil die Schulmedizin sich da nicht auskennt, was Empathie, Gedankenkraft, vielleicht auch Überlebenswillen des Opfers alles erreichen kann.
So wie der Film diese Wundergeschichte erzählt, wirkt er allerdings, als ob die Leinwand zur Kirche wird, zum Promotionskanal der christlichen Botschaft. Dawson betreibt die Emotionalisierung des Kinos im Sinne der Religion.
Die Geschichte, die in echt passiert sein soll, die Originaldarsteller sind im Abspann im Bild zu sehen, wird hier filmisch ausgeschmückt mit Szenen aus der Schule und vom Basketball. Zwischen Pfarrer und Adoptivmutter wird erst eine Unversöhnlichkeit behauptet, die durch den Gang der Dinge zu einem glücklichen Ende findet. Und der Pfarrer predigt gegen die TV-Serien-Sucht an.